Berlin. Amanda Knox wurde einst zu Unrecht des Mordes bezichtigt, ein anderes Urteil gegen sie wurde nun bestätigt. Das ist aus ihr geworden.

Mehr als 16 Jahre nach dem grausamen Mord an der britischen Austauschstudentin Meredith Kercher im italienischen Perugia wurde die damalige Hauptverdächtige Amanda Knox erneut verurteilt. Die 36-jährige US-Amerikanerin, die im Dezember 2009 zunächst des Mordes für schuldig befunden, sechs Jahre später aber in letzter Instanz freigesprochen worden war, musste sich vor einem Berufungsgericht in Florenz wegen Verleumdung verantworten.

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Knox wurde vorgeworfen, nach ihrer Festnahme im November 2007 einen Bekannten, den Barbesitzer Patrick Lumumba, fälschlicherweise des Mordes an Kercher beschuldigt zu haben. Die Amerikanerin widerrief ihre Aussage zwar kurze Zeit später, Lumumba wurde jedoch dennoch verhaftet und erst zwei Wochen später wieder freigelassen. 2009 wurde Knox deshalb wegen Verleumdung zu drei Jahren Haft verurteilt. 

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Amanda Knox, einst Opfer eines jahrelangen Justizirrtums, ist heute eine engagierte Autorin und Aktivistin. © AFP | TIZIANA FABI

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte war 2019 zu dem Schluss gekommen, dass die Rechte von Knox verletzt wurden, da sie damals langen Verhören ohne Rechtsbeistand und Dolmetscher ausgesetzt war. Der neue Prozess, der im April dieses Jahres begann, sollte klären, ob ihre Verurteilung wegen Verleumdung rechtmäßig war. Wie das Gericht nun entschied, wurde Knox damals zu Recht schuldig gesprochen. Da sie aber bereits im Gefängnis saß, muss Knox keine weitere Haftstrafe befürchten. 

Das Leben nach der Haft: Das macht Amanda Knox heute

Nach fast vier Jahren Haft in einem italienischen Gefängnis hob ein Berufungsgericht im Oktober 2011 das Urteil gegen Knox wegen Mordes auf. Nach ihrer Freilassung kehrte die Amerikanerin in ihre Heimatstadt Seattle zurück, wo sie ein Studium in Kreativem Schreiben aufnahm. Als Aktivistin setzt sie sich in Artikeln und Vorträgen für Strafrechtsreformen und gegen unrechtmäßige Verurteilungen ein. 

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Knox ist verheiratet und Mutter einer Tochter, die 2021 geboren wurde. Neben ihrer Arbeit als Autorin und Aktivistin teilt sie ihre Geschichte in ihrem eigenen Podcast „Labyrinths“ und auf öffentlichen Plattformen wie Instagram, wo ihr mehr als 100.000 Nutzer folgen. Ihr 2013 veröffentlichtes Buch „Zeit, gehört zu werden“ gibt einen tiefen Einblick in ihre Perspektive auf die Ereignisse und die langen Jahre der Unsicherheit. 

Harte Worte findet Knox immer wieder für die Medien, die sie ihrer Auffassung nach als manipulative Täterin hinstellten. „Engel mit den Eisaugen“, lautete der bekannteste Spitzname, den die Presse ihr gab. „Seit meiner Entlastung habe ich darum gerungen, meine Identität zurückzugewinnen und die Menschen, die ich liebe, davor zu bewahren, als Stoff der Klatschseiten missbraucht zu werden“, sagte Knox 2021 im Podcast „Call Her Daddy“.

Der Mordfall Meredith Kercher

Bis heute spaltet der Mordfall die Gesellschaft. Knox war 20 Jahre alt, als sie 2007 als Austauschstudentin nach Perugia kam. Wenige Monate nach ihrer Ankunft wurde ihre Mitbewohnerin Meredith Kercher erstochen in ihrer gemeinsamen Wohnung aufgefunden. Der Verdacht der italienischen Polizei fiel schnell auf Knox und ihren damaligen Freund Raffaele Sollecito.

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Die britische Studentin Meredith Kercher wurde am 1. November 2007 erstochen in ihrer Wohnung in Perugia aufgefunden. © AFP | HANDOUT

Die Ermittlungen und der anschließende Prozess waren von Ungereimtheiten, widersprüchlichen Beweisen und reißerischen Medienberichten geprägt. Knox und Sollecito wurden 2009 des Mordes für schuldig befunden, nach mehreren Berufungsverfahren und intensivem internationalen Medieninteresse wurde das Urteil jedoch 2011 aufgehoben und die beiden 2015 endgültig freigesprochen.

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Ein entscheidender Punkt im Prozess war die DNA-Beweislage. Während die Anklage darauf bestand, dass DNA-Spuren von Knox und Sollecito am Tatort gefunden worden waren, wies ein unabhängiges Gutachten auf Mängel in der Beweisführung und im Umgang mit forensischen Beweisen hin.