Berlin. Katharina Wackernagel ist mit ihrem Single-Dasein zufrieden. Was sie an Beziehungen anstrengt – und was ihr wichtiger ist als Treue.

Alexander Nebe

Ab dem 16. April ermittelt Katharina Wackernagel in der neuen Staffel von „Mord mit Aussicht“ (20.15 Uhr, ARD) wieder als Kommissarin Marie Gabler in einem verschlafenen Eifeldorf. Im Interview verrät die 45-jährige Schauspielerin, warum das Landleben privat eigentlich nichts für sie ist, wie sie mit Kritik umgeht und warum Treue in einer Beziehung für sie kein Muss ist.

Warum gibt es schrägen Humor wie in „Mord mit Aussicht“ in deutschen Produktionen viel zu selten zu sehen?

Katharina Wackernagel: Es ist sicher richtig, dass wir in Sachen Humor nicht mutig und konsequent genug sind – und bösen britischen Humor werden wir hierzulande wohl niemals hinbekommen. Zumal die Sorge, dass die Gags missverstanden werden könnten, im Zeitalter der Wokeness größer ist als jemals zuvor.

Grundsätzlich finde ich allerdings, dass wir Deutschen oft mehr Humor haben, als uns zugestanden wird. Aber was Skurrilität oder genreübergreifende Comedy angeht, ist immer noch viel Luft nach oben.

Katharina Wackernagel: Für „Mord mit Aussicht“ erntete sie „verletzende“ Kritik

„Mord mit Aussicht“ spielt ja in der Provinz. Nach wie vielen Tagen Landleben bekommen Sie als bekennende Stadtpflanze einen Koller?

Wackernagel: Nach nur einem Tag! Spätestens dann, wenn ich am Abend Sushi essen gehen wollen würde, wäre ich endgenervt. Ich hätte nämlich keine Lust, dafür extra mit dem Auto in den nächsten größeren Ort fahren zu müssen. Und da ich auch noch ein bekennender Automuffel bin, müsste ich mit dem Rad fahren. Und dann nachts über eine dunkle Landstraße zurück?

Ich bin mit Leib und Seele Stadtmensch, brauche abends Leben und Trubel. Ich muss natürlich nicht unbedingt jeden Abend in Kneipen oder Bars unterwegs sein; aber ich liebe dieses Lebensgefühl, dass ich alles zu jeder Zeit könnte, wenn ich es denn nur möchte.

Mord mit Aussicht
In der neuen Staffel „Mord mit Aussicht“ spielt Katharina Wackernagel die Kommissarin Marie Gabler. Ihre Kollegen: Heino Fuss (Sebastian Schwarz) und Kommissaranwärterin Jenny Dickel (Eva Bühnen). © ARD/Frank Dicks | Ard

Zum Start der Neuauflage gab es auf Social Media für Sie und das Team Gegenwind.

Wackernagel: Es war das erste Mal, dass ich zum Beispiel auf Instagram sehr persönlich und verletzend angegangen worden bin. Wir hatten nach Verkündung des Neustarts wirklich mit einer Welle der Empörung zu tun und über die Heftigkeit der Kommentare war ich ziemlich schockiert. Das war krass und eine völlig neue Erfahrung für mich. Schade fand ich auch, dass die Hater jeglichen Dialog verweigert haben. Zum Glück gab es ein Happy End.

Tatsächlich?

Wackernagel: Als die ersten Folgen ausgestrahlt wurden, hat sich das Blatt gewendet. Zum einen, weil die Ausstrahlung sehr erfolgreich lief und einige zugaben, dass ihre Bedenken unbegründet waren. Sie merkten, dass es nie mein Ziel war, den Platz von Caroline Peters einzunehmen, sondern dass wir eine ganz neue Geschichte erzählen.

Wackernagel über Beziehungen: „Treue muss nicht Grundpfeiler sein“

Ihr „Mord mit Aussicht“-Charakter, Kommissarin Marie Gabler, wird am Anfang der ersten Folge betrogen und reagiert auf eine spezielle Art. Wie würden Sie persönlich reagieren?

Wackernagel: Auch ich kann zuweilen eine sehr impulsive Frau sein. Aber mich im Affekt sofort auf jemanden stürzen? Das würde mir nicht passieren. Ich muss die Dinge immer erst einmal in Ruhe überdenken, bevor ich zu einem Entschluss komme. Es kann zwar sehr befreiend sein, Wut und Enttäuschung ungefiltert zum Ausdruck zu bringen – andererseits aber auch Dinge für immer zerstören.

Wie wichtig ist Ihnen in einer Beziehung die Treue?

Wackernagel: Da ich seit fünf Jahren Single und mit diesem Zustand sehr glücklich bin, ist Treue für mich derzeit kein Thema. (lacht) Und für mich persönlich müsste Treue auch nicht der Grundpfeiler einer Beziehung sein. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit sind da für mich viel wichtiger.

Zudem bin ich selbst einfach zu offen und verführbar; habe zu große Lust darauf, neue Leute kennenzulernen, als dass ich es ziemlich verlogen finden würde zu sagen, dass ich frei und offen durch die Gegend tanzen möchte – mein Partner das aber nicht dürfte.

Mord mit Aussicht
Bei den Dreharbeiten zu „Mord mit Aussicht“: die Schauspieler Sebastian Schwarz (l.), Katharina Wackernagel (2.v.l.) und Eva Bühnen mit Regisseur Markus Sehr. © ARD/Frank Dicks | Ard

Ihre Mutter hat für eine längere Zeit mit zwei Männern gleichzeitig eine Beziehung geführt. Wäre so ein Partnerschaftsmodell für Sie auch denkbar?

Wackernagel: Dieses Beziehungsmodell ist auf jeden Fall spannend und besonders. Meine Mutter ist auch eine ganz besondere Frau. Aber für meine Brüder und mich kam das nie in Frage. Mir persönlich ist es ja bereits mit einem Mann manchmal zu anstrengend. (lacht)

Diese Annahme findet die Schauspielerin „total absurd“

Stimmt es, dass Ihre Mutter zunächst gar nicht glücklich war, dass Sie Schauspielerin werden wollten?

Wackernagel: Da sie ebenfalls Schauspielerin ist, kennt sie auch die schwierigen Prozesse, die zu diesem Beruf gehören. Du hast nur dich! Dein Handwerk ist dein Gesicht, deine Stimme, dein Körper – und danach wirst du beurteilt. Das kann dich an emotionale Grenzen bringen. 

Seit wann wissen Sie, was Sie für ein Leben führen möchten und was Sie sich von Ihrem Leben wünschen? 

Wackernagel: Ganz genau kann ich das bis heute immer noch nicht sagen. Das ist ein langer Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist. Ein ganz wichtiger Schritt in meinem Leben war sicher vor ein paar Jahren die Erkenntnis, dass ich keine Kinder möchte. Anfangs habe ich mir zu dieser Frage gar keine Gedanken gemacht und mich voll auf meine Karriere konzentriert. Dann kam das Thema aber immer wieder auf. Allerdings viel mehr von außen, als dass es von mir selbst kam.

Die wiederholten Fragen haben Sie in gewisser Weise getriggert?

Wackernagel: Ja, zumal das Thema auch in meiner damaligen Beziehung eine Rolle spielte. Mein damaliger Freund hätte gerne ein Kind gehabt. Auch deshalb musste ich irgendwann diese Entscheidung treffen. Das war für mich eine traurige und herausfordernde Zeit, weil sie auch die Trennung von dem Freund nach sich zog.

Wie sehr nervt es Sie, dass uns von Teilen der Gesellschaft weiterhin suggeriert wird, dass unser Leben nicht vollkommen ist, wenn wir nicht irgendwann Nachwuchs bekommen?

Wackernagel: Ich finde es ziemlich absurd, dass das tatsächlich auch heute immer noch so ist. Zumal sich die Gesellschaft ja ernsthaft die Frage stellen muss, wie lange unsere Welt noch in der Form existieren wird, wie sie sich gerade darstellt und wie lange wir auch hier in Deutschland noch so privilegiert leben können. Und Menschen haben wir durch die Überbevölkerung ja ohnehin schon mehr als genug.