Mannheim. .

Mit Johann Schwenn, dem neuen Verteidiger von Wettermoderator Jörg Kachelmann, ist der Ton im Mannheimer Gerichtssaal erheblich rauer geworden. Schwenn provoziert und führt vor – Staatsanwälte wie Richter.

Johann Schwenn, der neue Anwalt von Jörg Kachelmann, putzt Richter und Staatsanwälte runter wie Schüler, die im Unterrichts beim Quatschen erwischt werden. Und leider, muss man wohl sagen, lässt der Vorsitzende Richter Michael Seidling dies alles wie hilflos geschehen.

Doch so turbulent es auch heute wieder zugeht im Kachelmann-Prozess, so hitzig gestritten wird, als am frühen Nachmittag die Türen des großen Gerichtssaales geschlossen werden. Schwenn setzt noch eins obendrauf. Er schickt ganz nebenbei, vor Journalisten, eine kleine spitze Botschaft an den Münchner Burda-Verlag. „Sollte das Ziel dieses Verfahrens sein, Herrn Kachelmann zu verurteilen, muss man Hubert Burda im Gerichtssaal hören“, erklärt der Rechtsanwalt.

Er verteilt gönnerhaft Unterlagen des Zeugen

Am Wochenende hatte es Berichte gegeben, Kachelmann hätte Maria Furtwängler, die Schauspielerin und Ehefrau Hubert Burdas, sehr gut gekannt, sich damit vor seinen Mitarbeitern gebrüstet. Erst in der vergangenen Woche hatte sein Rechtsanwalt wegen der Berichterstattung von „Focus“ und „Bunte“ über den Prozess eine Durchsuchung des Verlages beantragt. Die beiden Magazine hätten ehemalige Geliebte Kachelmanns zu falschen Aussagen angestiftet. Das Gericht hat über den Antrag Schwenns jedoch bislang nicht entschieden.

Hektisch mit dem Handy telefonierend und äußerst reizbar hatte Schwenn an diesem Morgen den Gerichtssaal betreten. Jede noch so kleine Störung seiner Ausführungen, jedes Räuspern quittiert er mit missbilligenden Blicken. Mal verteilt er gönnerhaft Unterlagen des Zeugen, die dem Gericht nicht vorliegen. Mal fordert er diesen Zeugen, den Münsteraner Rechtsmediziner Prof. Bernd Brinkmann, auf: „Erzählen Sie dem Gericht doch mal, wo Sie bald als Sachverständiger gehört werden“.

Brinkmann, der vom Gericht als befangen abgelehnt worden war, weil er in seinem Gutachten die Einschätzung vertrat, Kachelmanns Ex-Geliebte könne sich die Hämatome selbst zugefügt haben, wird demnächst im Auftrag der Bundesanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht Stuttgart-Stammheim begutachten. „Das sollte diese Kammer ruhig einmal zur Kenntnis nehmen“, betont Schwenn, einmal mehr die Reputation des 71-jährigen Rechtsmediziners hervorhebend, der von der Verteidigung engagiert worden war.

Schwenn maßregelt die Richter

Hier, in Mannheim, ist er heute nur als Zeuge geladen, sachverständig zwar, aber er darf keine Einschätzung abgeben. Brinkmann hat für sein nicht zugelassenes Gutachten Fotos des mutmaßlichen Opfers von Kachelmann, von Hämatomen und Schürfwunden, untersucht. Und er hat versucht, diese Verletzungen zu rekonstruieren. Mit einem Küchenmesser, das jenem gleicht, das Kachelmann Simone D.* an den Hals gehalten haben soll. Brinkmann stellte in ungezählten Versuchsreihen nach, verletzte sich dafür sogar selbst. Weil Kachelmanns mutmaßliches Opfer behauptet hatte, die Hämatome an ihren Oberschenkeln resultierten davon, dass er auf ihr gekniet habe, mühte sich Brinkmann, Abdrücke von Knien nachzubilden. Doch die Struktur der Hämatome des Opfers, vier Verwölbungen plus eine sichelförmige, erzielte er erst, als er eine Mitarbeiterin aufforderte, mit behandschuhten Fäusten auf die eigenen Oberschenkel zu schlagen.

Als der Rechtsmediziner etwas später von Kachelmann-Anwalt Schwenn aufgefordert wird, darüber zu berichten, wie despektierlich er an den ersten Prozesstagen von der Staatsanwaltschaft behandelt worden sei, kommt es zum Eklat. Erneut maßregelt Schwenn die Richter, sie hörten nicht zu, unterhielten sich stattdessen. Der Beisitzende Richter Bock wird laut, Staatsanwalt Oltrogge noch lauter, und nicht wenige im Saal erinnert die Szenerie frappierend an eine alte Fernsehserie, an das „Königlich Bayerische Amtsgericht“.