Nachterstedt. Wegen der Gefahr weiterer Erdrutsche dürfen die Einwohner von Nachterstedt die Häuser nicht betreten. Mit der Auszahlung der zugesagten finanziellen Hilfe wurde bereits begonnen. Obwohl es keine Hoffnung für die Opfer gibt, gelten sie als vermisst.

Eine nochmalige Begehung habe der Katastrophenschutzstab am Mittwochmorgen gemeinsam mit der Bergbaubehörde, der Bergbau-Verwaltungsgesellschaft und der Stadt Seeland abgelehnt, sagte eine Sprecherin. «Es ist nicht zu vertreten, dass für ein paar Sachwerte Menschenleben riskiert werden.»

Am Dienstag war spekuliert worden, die 45 betroffenen Anwohner des Tagebausees könnten noch einmal Zugang zu ihren Häusern erhalten, um weitere persönliche Gegenstände zu bergen.

An den Häuser haben sich neue Risse gebildet

Kein Anwohner darf sein Haus in der Gefahrenzone betreten. Alle Gebäude sind einsturzgefärdet. Foto: ap
Kein Anwohner darf sein Haus in der Gefahrenzone betreten. Alle Gebäude sind einsturzgefärdet. Foto: ap © AP | AP





Grund für die Entscheidung sei die akute Einsturzgefahr der Gebäude und voraussichtlich bald einsetzender Starkregen, sagte die Sprecherin. An den leerstehenden Häusern hätten sich bereits mehrere Risse gebildet. Am Sonntag war jeweils einem Mitglied jedes Haushalts eine kurze Begehung erlaubt worden.

Wie der Katastrophenschutzstab weiter mitteilte, werden derzeit rund um den Tagebausee Bauzäune errichtet und Erdwälle aufgeschüttet. So solle vermieden werden, dass Schaulustige die Gefahrenzone betreten.

Geschädigten können auf Entschädigung hoffen

Obwohl die Ursache für das Unglück noch unklar ist, übernimmt die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) die unternehmerische Verantwortung für die Schadensregulierung. Und auch nach dem deutschen Bergrecht, das seit der Wende auch für die neuen Bundesländer gilt, können die Geschädigten auf eine Entschädigung hoffen.

Blumen und Kerzen stehen in der Nähe der Unglücksstelle des Erdrutsches von Nachterstedt. Die Suche nach den verschütteten Opfern war am Montag eingestellt worden. Foto: ddp
Blumen und Kerzen stehen in der Nähe der Unglücksstelle des Erdrutsches von Nachterstedt. Die Suche nach den verschütteten Opfern war am Montag eingestellt worden. Foto: ddp © ddp | ddp





Obwohl es keine Hoffnung mehr für die drei Opfer von Nachterstedt gilt, gelten sie vorerst weiter als Vermisste und nicht als Tote. Entsprechend wird es vorerst auch keine förmliche Trauerfeier für die 48-jährige Frau und die zwei Männer im Alter von 50 und 51 Jahren geben, die am Samstagfrüh vermutlich im Schlaf bei dem katastrophalen Erdrutsch in die Tiefe gerissen worden waren. Allerdings ist für Freitag eine Andacht in der Evangelischen Kirche des Ortes geplant.

Gedenkfeier für die drei Opfer des Unglücks

Am Dienstagabend gedachten mehrere Dutzend Menschen mit einem spontanen Umzug zur Absperrung der Unglücksstelle den drei Opfern des Unglücks. Die Sprecherin des Salzlandkreises, Ursula Rothe, sagte vor Ort seien auch Blumen niedergelegt worden. Bereits in den vergangenen Tagen habe sich die Bevölkerung am Abend immer wieder in einem Bürgerhaus getroffen, nun habe man sich zu dem Trauerzug entschlossen, an dem auch örtliche Politiker und Vertreter der Bergbaugesellschaft teilgenommen hätten.

Der Leiter des Landesbergamtes Sachsen-Anhalt, Frank Esters, will alle sanierten Tagebaue im Bundesland unter die Lupe nehmen. Die Tragödie von Nachterstedt sei nicht vorhersehbar gewesen. Nun werde geprüft, «ob ähnliche Gefahren und Szenarien woanders stattfinden können».

Alle Bergbauhalden werden auf mögliche Gefahren überprüft

Oberste Priorität hätten dabei Tagebaulöcher, deren Böschungen aus Kippenmaterial bestehen und folglich nicht natürlich gewachsen seien. Besondere Aufmerksamkeit gelte der Wirksamkeit der Sicherungsmaßnahmen in bebauten Gebieten.

Am Dienstag hatten sich die Wirtschaftsminister von Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt darauf geeinigt, alle Bergbauhalden in ihrem Gebiet auf ihren derzeitigen Zustand und hinsichtlich möglicher Gefahrenpotenziale neu zu bewerten. Experte der Bergämter der drei Bundesländer wollten sich in der nächsten Woche in Halle treffen, um ein gemeinsames Krisenmanagement zu entwickeln.