Köln. Am Ende fanden alle nur freundliche Worte für ihn: Der umstrittene Kardinal Meisner wurde am Sonntag in Köln verabschiedet. Geredet wurde am Rande auch über einen Mann, der auf der Gästeliste stand und dann doch nicht erschienen ist - den beurlaubten Limburger Bischof Tebartz-van Elst.
Es kann wohl nur als Ironie des Schicksals bezeichnet werden, dass die Verabschiedung des umstrittenen Kardinals Joachim Meisner von einem noch umstritteneren Bischof überschattet wird. Einem Bischof, der noch nicht einmal anwesend ist, über dessen mögliches Kommen aber den ganzen Tag spekuliert wird: der beurlaubte Franz-Peter Tebartz-van Elst. Bis zuletzt war unklar, ob er am Sonntag nach Köln kommen würde. Er tat es nicht.
Diese Situation ist vielleicht kennzeichnend für die derzeitige Wahrnehmung der katholischen Kirche in der Öffentlichkeit: Ihre eigentliche Botschaft - in diesem Fall die Verabschiedung Meisners - wird überlagert von hausgemachten Problemen.
Manchem Bischof ist die Irritation darüber deutlich anzumerken. Erzbischof Georg Gänswein, der Vertraute des zurückgetretenen Papstes Benedikt XVI. und einer der Unterstützer von Tebartz-van Elst, reagierte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa mit der Äußerung: "Ich sag' da nur eines: Es wackelt immer noch der Hund mit dem Schwanz, nicht der Schwanz mit dem Hund." Damit meint er wohl, dass die Öffentlichkeit eine völlig falsche Gewichtung vornehme. Man muss jedoch kein Prophet sein, um vorauszusagen: Falls Tebartz-van Elst tatsächlich eine Rückkehr ins Bistum Limburg anstreben sollte, würden noch recht lange Zeit die Schwänze mit den Hunden wedeln.
Meisner zeigt sich als glänzender Prediger
Meisner selbst bekommt am Sonntag nur Freundliches zu hören, ganz so wie es sich bei einem Abschiedsfest gehört. Ein letztes Mal zelebriert er am Nachmittag ein Pontifikalamt im Dom. Die katholische Kirche bietet alles auf, was sie zu bieten hat: Orgelmusik zum Erschaudern, eine Architektur zum Ergötzen, Weihrauch bis zum Umfallen.
In schier endlosen Zweierreihen ziehen Meßdiener, Priester, Bischöfe und Kardinäle in die Kathedrale ein, deren Bau im Mittelalter von eben jenem Domkapitel beschlossen wurde, das nun Meisners Nachfolger finden muss. Das im Nachmittagslicht geradezu aufflammende Domfenster von Gerhard Richter übergießt Säulen und Wände mit allen Farben des Regenbogens. Meisner hat das Werk nie gefallen - "zu beliebig" findet er es, und Beliebigkeit war seine Sache nie.
Meisner zeigt sich am Sonntag einmal mehr als glänzender Prediger, zitiert den atheistischen Philosophen Friedrich Nietzsche und schlägt den Boden von Jesus, der in der Wüste vom Teufel versucht wird, bis in die Gegenwart. Keine seiner Predigten war wie die andere, worauf er zurecht stolz ist. Aber die Botschaft, die er verbreitete, war in 25 Jahren immer die gleiche.
Meisner glaubt fest daran, dass Jesus Christus die großen Fragen der Menschheit ein für alle Mal beantwortet hat. Allein ist der Mensch demnach nicht in der Lage, eine humane Gesellschaftsordnung aufzubauen. Ohne unumstößliche Werte, die von einer höheren, unangreifbaren Instanz vorgegeben sind, ist alles gleich wahr und gleich falsch. Dann macht am Ende jeder, was er will. Und das ergäbe nach Meisners Überzeugung ungefähr eine solche Schreckenswelt, wie sie der einst im Erzbistum wirkende Höllenmaler Hieronymus Bosch auf die Leinwand gebannt hat. (dpa)