Stade.. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den mutmaßlichen Mörder des neunjährigen Dennis. Dem 40-Jährigen wird dreifacher Mord und sexueller Missbrauch vorgeworfen. Der Serientäter hat bereits gestanden. Bekannt wurde er unter dem Namen „Schwarzer Mann“.
Die Staatsanwaltschaft Stade hat Anklage gegen den mutmaßlichen Mörder des neunjährigen Dennis und zweier weiterer Jungen erhoben. Dem 40-jährigen Jugendbetreuer wird vorgeworfen, seine Opfer aus Schullandheimen oder Zeltlagern entführt, missbraucht und dann heimtückisch und aus niederen Beweggründen getötet zu haben, wie die Anklagebehörde am Mittwoch mitteilte. Ihm werden zudem 20 Kindesmissbrauchs-Fälle zur Last gelegt.
Über die Zulassung der Mord-Anklage und die Eröffnung des Prozesses gegen Martin N. muss das Landgericht Stade entscheiden. Wie lange dies voraussichtlich dauert, war nach Angaben einer Gerichtssprecherin vom Mittwoch zunächst noch nicht abzuschätzen.
Die Martin N. zur Last gelegten Taten ereigneten sich zwischen 1992 und 2001 in Norddeutschland, insbesondere im nördlichen Niedersachen und im Raum Bremen. Es war einer der aufsehenerregensten Verbrechensserien in der Bundesrepublik der vergangenen Jahrzehnte. Nach der Ermordung des kleinen Dennis K. im Jahr 2001 hatte eine Sonderkommission "Dennis" der Polizei jahrelang versucht, den Täter zu fassen. Der Mann, der zuletzt in Hamburg wohnte, konnte erst am 13. April dieses Jahres festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Martin N. droht lebenslange Haft
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gestand Martin N. in einer Vernehmung bei der Polizei die Morde an Dennis sowie zwei anderen Jungen im Alter von acht und 13 Jahren, schweigt aber seitdem. Er räumte außerdem ein, über die Jahre in rund 40 Fällen in Schullandheime, Zeltlager und Wohnhäuser eingedrungen zu sein, um dort Kinder sexuell zu missbrauchen. Von diesen Taten seien etliche aber verjährt, so dass nur 20 zu Anklage kämen, teilte die Anklagebehörde mit.
Im Fall eines Schuldspruchs erwartet Martin N. demnach eine lebenslange Haftstrafe. Bei einem Prozess wird es laut Staatsanwaltschaft auch um die Frage gehen, ob das Merkmal der besonderen Schwere der Schuld vorliegt und ob der Angeklagte nach einer eventuellen Haftstrafe in Sicherungsverwahrung komme.
Aus Schullandheim entführt
Dennis K. war im September 2001 aus einem Schullandheim im niedersächsischen Wulfsbüttel entführt und getötet worden. Die anderen beiden Morde, die Martin N. zur Last gelegt werden, ereigneten sich in den 1990er Jahren. 1992 soll er den 13-jährigen Stefan J. aus einem Internat im niedersächsischen Scheeßel verschleppt und ermordet haben. 1995 soll er den achtjährigen Dennis R. aus einem Ferienzeltlager bei Schleswig in Schleswig-Holstein entführt und nach Dänemark gebracht haben, wo er ihn einige Tage später tötete und vergrub.
Martin N. wird von den Ermittlern auch als möglicher Täter in den Fällen zweier Jungen betrachtet, die 1998 und 2004 in den Niederlanden und Frankreich unter ähnlichen Umständen getötet wurden. Bislang gebe es allerdings keine Erkenntnisse, mit denen der Angeklagten dieser Taten hätte überführen werden können, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Sonderkommission "Dennis" arbeite aber weiter mit Hochdruck und versuche den Lebensweg des Mannes seit Anfang der 1990er Jahre vollständig zu rekonstruieren. Vor einigen Wochen sei über die internationale Polizeiorganisation Interpol auch eine weltweite Anfrage verbreitet worden, um eventuellen weiteren Verbrechen auf die Spur zu kommen. (afp)