Leipzig. Der Fall hat schon mehrere Gerichte beschäftigt: Ein Mann bietet eine seiner Nieren und seine Leber im Internet zur Versteigerung an. Ist er des versuchten Organhandels schuldig? In dritter Instanz sagte das Landgericht Leipzig am Dienstag nein und sprach den Mann von allen Vorwürfen frei.
Ein Mann hat sich mit dem Angebot einer seiner Nieren und seiner Leber in einem Internetauktionshaus nach Auffassung des Landgerichts
Leipzig nicht des versuchten verbotenen Organhandels schuldig gemacht. "Ein
klassischer Fall von entgeltlichem Organhandel
kann dem Angeklagten nicht unterstellt werden", sagte der Vorsitzende Richter
Klaus Kühlborn am Dienstag zur Begründung. "Wir haben in diesem Fall noch gar
kein Versuchsstadium erreicht und bewegen uns im Vorbereitungsstadium."
Die 9. Strafkammer hob damit ein Urteil des Amtsgerichts Leipzig von
Mai 2011 auf, das den 41-Jährigen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen von je
zehn Euro verurteilt hatte. Gegen dieses Urteil hatte Johannes P. Berufung
eingelegt, die die 14. Strafkammer des Landgerichts im November 2011 verworfen
hatte. Damals hatte diese Kammer das Urteil des Amtsgerichts bestätigt. Dagegen
legte der Angeklagte Revision beim Oberlandesgericht Dresden ein, das die
Entscheidung von November 2011 bemängelte und den Fall zur abermaligen
Verhandlung nach Leipzig zurückverwies.
Der Angeklagte verteidigte sich selbst vor Gericht
Mit dem Freispruch folgte die Kammer den Antrag des Angeklagten, der
vor Gericht ohne Anwalt auftrat und sich selbst verteidigte. Die
Staatsanwaltschaft plädierte dafür, ihn schuldig zu sprechen und das Urteil des
Amtsgerichts von 40 Tagessätzen beizubehalten.
P. hatte im März 2008 zwei Anzeigen bei einem Internetauktionshaus
geschaltet, in denen er nach seinem Tod Empfänger für eine seiner beiden Nieren
und seine Leber suchte. Die Anzeigen wurden allerdings noch am selben Tag vom
Auktionshaus gelöscht.
Organempfänger sollten klassische Musik mögen
Die Empfänger der Organe sollten seinen Kriterien entsprechen, die er
ausführlich aufgelistet hatte und zu denen unter anderem gehörte, dass sie
klassische Musik und Theaterbesuche mögen sollten. Sie sollten ihm alle
Aufwendungen erstatten, die ihm dabei entstünden, wenn geprüft werde, ob seine
Organe biologisch zu den Empfängern passten. Zu diesen Aufwendungen sollten auch
zwei Zeitschriften, Hotelübernachtungen und eine Theater- oder Operettenkarte
zählen. "Damit liegt noch keine nachweisbare Entgeltforderung vor", führte der
Vorsitzende Richter aus.
Der Angeklagte begründete sein Vorgehen damit, er wolle "kein Futter
für die Russenmafia" werden und das Transplantationsgesetz, das den Organhandel verbietet, sei verfassungswidrig. Das
Landgericht habe nicht darüber zu befinden, ob das Transplantationsgesetz
verfassungsgemäß sei, erwiderte Kühlborn in seinem Urteil.
Staatsanwalt sah Menschenwürde verletzt
Die Staatsanwaltschaft warf dem 41-Jährigen, der nach eigenen Angaben
gelernter Bilanzbuchhalter ist und seit kurzem Jura studiert, vor, die
Menschenwürde potenzieller Organempfänger verletzt zu haben. Der Grund: Nur ein
ausgewählter Kreis von Menschen sei infrage gekommen, die über ein
entsprechendes Vermögen verfügten. "Es ist nicht so, dass der Angeklagte jemand
anderem sein Organ entzogen hätte", sagte Kühlborn. "Laut Gesetz ist es nicht
vorgeschrieben, seine Organe zu spenden."
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft kann
innerhalb einer Woche Revision einlegen. (dapd)