Paris. Ein Franzose rollt mit seinem Start-up Dayuse das Hotelgewerbe mit Sonderangeboten auf. Diese richten sich vor allem an Seitenspringer.



„5 à 7“ (fünf bis sieben) wird in der Sprache Voltaires augenzwinkernd ein Schäferstündchen genannt. Wobei unsere lebensfrohen französischen Nachbarn mit diesem kleinen Zahlenspiel auf die Zeitspanne zwischen 17 bis 19 Uhr anspielen, in der Mann oder Frau sich gemeinhin auf dem Weg vom Arbeitsplatz zurück nach Hause befinden und in der sich ein kleiner Seitensprung am unauffälligsten arrangieren lässt. Das Gebot der Unauffälligkeit wiederum will, dass ein „5 à 7“ zumeist im Hotel stattfindet, da es Parkbänken oder Autositzen vor Sonnenuntergang an Sichtschutz mangelt.

Angesichts der gesalzenen Pariser Hotelpreise ist der Seitensprung jedoch ausgerechnet in der Stadt der Liebe ein verflixt teures Vergnügen. Auf die Schnelle lässt sich hier unter 100 Euro bestenfalls ein Zimmerchen in einem drittklassigen Etablissement ergattern. Es sei denn, man greift auf den Internetdienst Dayuse zurück. Das Start-up-Unternehmen vermittelt allein in der Seinemetropole sogenannte Tagesbuchungen in 250 ausgesuchten Hotels, die mindestens drei Sterne aufweisen. Der Clou sind natürlich die Preise dieser Tagesbuchungen, die für eine herkömmliche Übernachtung im gleichen Haus bis zu 75 Prozent unterschreiten. Honi soit qui mal y pense („Ein Schelm, wer sich Böses dabei denkt“) – Dayuse ist eine Erfolgsgeschichte.

100.000 Menschen nutzen Dayuse

Vor fünf Jahren aus der Taufe gehoben hat der Reservierungsdienst in Frankreich mittlerweile schon 100.000 mehr oder weniger regelmäßige Benutzer. Dabei treten das Start-up und ihr Gründer David Lebée so diskret auf, dass sie erst im vergangenen Jahr zum ersten Mal in die Schlagzeilen gerieten. Da gelang es Dayuse, per Crowdfunding 15 Millionen Euro an Kapital für sein Vorhaben einzusammeln, nun auch international durchzustarten. In rund 50 Länder will der 35-jährige Lebée mit seinem Internetdienst bis 2020 präsent sein, in Deutschland ist er es bereits.

Natürlich darf die Diskretion von Dayuse nicht als Bescheidenheit missverstanden werden, sie ist vielmehr eine der Geschäftsgrundlagen. So können Kunden ihr Schäferstündchen ohne Verwendung einer Kreditkarte buchen und bar an der Rezeption bezahlen. Außerdem sind Stornierungen kostenlos und Dayuse bietet eine „Best-Preis-Garantie“. Wie diese aussieht, lässt sich durch wenige Klicks feststellen: Für sechs Stunden in einer Pariser Nobelherberge (vier Sterne) werden da 79 Euro aufgerufen, 95 Euro sind es für die Tagesbuchung in einem Berliner Fünf-Sterne-Palast.

Geschäftsreisende profitieren auch, sagt Lebée von Dayuse

Die in der Tat unschlagbaren Preise handelt Dayuse direkt mit den Hoteliers aus. „Wir erhalten die Nachlässe ohne Probleme, schon weil in fast allen Hotels 70 Prozent der Zimmer tagsüber unbelegt sind“, behauptet Lebée. Und er betont, dass die Auslastung der über Dayuse buchbaren Häuser „um mindestens 10 Prozent“ steige.

Ein Win-win-Geschäft für alle also? In Frankreich und gerade in Paris lässt sich diese Frage bejahen. Aber ob das auch für andere Länder mit einer weniger lockeren Moral gilt, bleibt abzuwarten. Lebée jedenfalls ist höchst zuversichtlich. Zwar gibt der Franzose freimütig zu, dass sein Angebot hauptsächlich illegalen Paaren entgegenkommt, die auf der Suche nach einer preisgünstigen Möglichkeit zur intimen Kontaktpflege sind. Aber er verweist darauf, dass unter den Kunden auch immer mehr Geschäftsreisende seien, die zwischen Terminen einfach ausspannen wollten.