Berlin.. „Ekel Alfreds“ Schöpfer, Wolfgang Menge, ist tot. Er starb im Alter von 88 Jahren in seiner Heimatstadt Berlin. Menge war einer der meistbeschäftigten Drehbuchautoren Deutschlands. Ihn zeichnete ein ungewöhnlich breites Themenspektrum aus. Vor allem aber mit der Serie „Ein Herz und eine Seele“ schrieb er TV-Geschichte.

Es ist der Abend des 15. April 1973, als das Telefon auf vielen Polizeistationen zwischen Duisburg und Dortmund nicht stillstehen will. Denn im Fernsehen berichten Reporter aus nebelverhangenen Straßen über hustende, kranke Menschen. Und Durchsagen sind zu hören, in denen dazu aufgefordert wird, das Auto nicht zu nutzen.

Weil „Smog“ das Revier heimsucht. Gefährlicher Smog. Die Bilder wirken echt, sind aber Fiktion. Wie so oft, wenn Wolfgang Menge aktuelle Entwicklungen in spannende Unterhaltungsstoffe umsetzt. Am Mittwoch ist er, einer der erfolgreichsten deutschen Drehbuchautoren, im Alter von 88 Jahren gestorben.

"Eine aus vielen Defiziten zusammengefasste Kunstperson"

Natürlich denkt man bei seinem Namen sofort an die Serie „Ein Herz und eine Seele“, denkt an Al­fred Tetzlaff, dieses TV-Ekel, das er erfunden hat. „Eine aus vielen Defiziten zusammengefasste Kunstperson“, hat er den von Heinz Schubert genial verkörperten Spießer aus dem Ruhrgebiet einmal genannt.

Einer, von dem die Leute immer sagten: „So einen kenne ich. Ist nicht mein Mann, aber nebenan, der ist es.“ Alfred Tetzlaff, hat Menge später oft gesagt, „war immer der andere! Das war sein Erfolg“. Und damit auch der Erfolg von Menge selbst. Sein größter Erfolg. Was ihn manchmal geärgert hat, denn: „Man hat darüber andere Sachen vergessen, die viel besser waren.“

An alles aber kann man auch nicht denken, so viel hat der in Berlin geborene Sohn eines Studienrates geschrieben. Bei der Zeitung fängt er nach dem Zweiten Weltkrieg an, geht als Korrespondent nach Japan, kommt zum Radio und landet schließlich Ende der 50er-Jahre beim damals noch jungen Fernsehen. Dort schreibt er nahezu alle Drehbücher für die legendäre Krimiserie „Stahlnetz“. Später erfindet er für die „Tatort“-Reihe den Zollfahnder „Kressin“.

"Millionenspiel" sorgte für Furore

Und dann ist da natürlich „das Millionenspiel“, das Menge den Ruf als „Televisionär“ einbringt. Weil es viel – zum Glück nicht alles – vorwegnimmt, was Jahre später bei „Big Brother“ und im Reality-TV Realität wird. Empört sind die Menschen damals von der fiktiven – von Dieter Thomas Heck moderierten – Fernseh-Show, in der ein Kandidat eine Woche lang vor Auftragskillern flüchten muss, um eine Million Mark zu gewinnen. Es gibt allerdings auch Leute, die beim Fernsehen anrufen und sich bewerben. Als Kandidat – wie als Killer.

Szene aus
Szene aus "Millionenspiel". (Foto: WDR) © SWR/WDR ard | SWR/WDR ard

Mitte der 1970er ist Menge auf dem Gipfel seiner Karriere. Erstmals arbeitet er nicht nur hinter, sondern auch vor der Kamera, wird Ko-Moderator der Talkshows „3 nach 9“ und „Leute“. Aber auch als Restaurantkritiker ist der dreifache Familienvater erfolgreich unterwegs.

Kennwort Möwe

Anfang der 1980er-Jahre wird es ruhiger um Menge. Mit Filmen wie „Kennwort Möwe“ oder Serien wie „Motzki“ versucht er erfolglos an alte Erfolge anzuknüpfen. Auch weil es mittlerweile Privatfernsehen gibt, das viel wagt und manchmal sogar gewinnt damit. Vor allem das ärgert Menge, der gerne etwas ausprobiert. „Ich möchte immer der Erste sein, der etwas macht.“

Nach einem Schlaganfall vor fünf Jahren kann er das nicht mehr. Vielleicht will er auch gar nicht mehr. Denn bei ARD und ZDF hat er zuletzt den Mut vermisst. „Die wagen nichts mehr.“ Deshalb hat er auch kaum noch geschaut.

Bei den Öffentlich-Rechtlichen haben sie ihm die Kritik nicht übel genommen. Vielleicht, weil sie wissen, dass er insgeheim recht hatte. Vielleicht auch weil er so viel für sie getan hat. „Mit Wolfgang Menge“, sagte die ARD-Vorsitzende Monika Piel gestern, „haben wir einen der ganz Großen der deutschen Fernsehunterhaltung verloren.“