Bochum.. Shia Su und ihr Mann Hanno haben ihren Lebensstil umgekrempelt. Das Ziel: keinen Abfall zu produzieren. Das geht nicht ganz, aber man kann sehr weit kommen.
Bei „Max Frituur“ im Bermudadreieck machen sie die Pommes mit geradezu belgischen Ambitionen. So dass die Bitte der jungen Frau, ihr die heißen Fritten in das Einmachglas zu füllen, auf entschiedene Verwunderung stieß. Sie würden darin ja nur matschig! Doch Kundendienst siegt über Fachwissen, gemacht haben sie es dann doch, die Pommes, ins Glas: Und Shia Su, jene Kundin, konnte ihnen gut beim Matschigwerden zusehen – Kondenswasser setzte sich im Glas ab. Wenn’s doch der guten Sache dient ...
„Der Anfang war echt chaotisch“, erinnert sich Su an die Zeit, als sie und ihr Mann Hanno Su begannen, ihren Müll weiter zu reduzieren als durch Pfandflaschen und Jutetaschen, also das, was viele machen. Anderthalb Jahre ist das jetzt auch schon wieder her, und sie sind ihrem Ziel beeindruckend nah gekommen: null Müll.
Pommes würden sie heute in der Edelstahldose nach Hause tragen.
Zero-Waste-Stammtische in Düsseldorf und Köln
Das Zuhause liegt nämlich nicht weit von hier, in einer Seitenstraße der Fußgängerzone, wo die 32-Jährige fröhlich ihren kompletten Müll der letzten Monate auf den Tisch stellt. Achtung, das ist zum Nachahmen nicht geeignet! Aber der komplette Müll der Sus passt halt in ein Weckglas, darin: eine Medikamentenverpackung unter anderem, ein zerknüllter Strohhalm, die Scherben einer Tasse, Kassenzettel, die Fenster aus Briefumschlägen. Den sonstigen Müll, den Biomüll, erledigen die Würmer in der Kompostkiste in der Küche. Nein, man riecht nichts.
Ihre Haltung „Kein Müll“ – „Zero Waste“ im US-Original – wird die Bochumerin bei Thomas Gottschalk erläutern. Nicht diesen Sonntag, das Thema Regen ging vor, sondern im Oktober. Hier finden Sie „Zero Waste“ also wieder eher als im Fernsehen. Also: Die Bewegung ist ein Kind des Umweltschutz-Gedankens, sie kam aus Kalifornien nach Europa, sie ist klein, wächst offenbar, aber man kann das schlecht abschätzen. „Unter 30 Anhänger in Deutschland“ sind der einschlägigen Bloggerin Shia Su bisher im Internet begegnet, aber nicht jeder ist im Internet. Doch es gibt auch in der materiellen Welt Indizien: „Kein Müll“ taucht gelegentlich als Fasten-Aktion auf, neue Zero-Waste-Stammtische sind in Düsseldorf und Köln entstanden, neue „Unverpackt“-Geschäfte in Recklinghausen und Köln. Das sind Supermärkte, die ihre Waren, wie der Name andeutet, unverpackt in die Beutel und Gläser der Kunden füllen. In so einem kauft auch Hanno Su ein, in der Nähe seines Arbeitsplatzes, der Uni Münster.
„Denen Hilfe geben, die sich auf den Weg machen“
Und so geht es weiter: Lebensmittel wie Zucker, Nudeln, Chili, Mehl stehen in großen Vorratsdosen im Küchenschrank. Oder in Pfand-Weckgläsern aus dem Veggihaus. Kleidung kommt aus zweiter Hand, Obst und Gemüse kommen unverpackt aus dem normalen Supermarkt, Möbel sind aufgearbeitet, Sus kochen frisch, rühren Pflege und Kosmetika selbst an, putzen mit Essigessenz und Zitronensäure. Manchmal gehen natürlich Dinge kaputt. Müll, der sich nicht verhindern lässt. Mist!
Das klingt streckenweise etwas anstrengend, aber das Gegenteil stimmt: „Es macht Spaß und weckt den Ehrgeiz.“ Statt minutenlang stumm in der Kassenschlange zu stehen, werden sie nun ständig angesprochen auf die Vorratsgläser und -Dosen in ihren Händen. Und lachend erzählt Shia Su von den Fehlschlägen: Da es Chips nicht unverpackt gibt, haben die beiden versucht, selbst welche im Backofen zu machen. Danach beschlossen sie, dass Chips sowieso stark überschätzt werden.
Mit ihrem Blog („wastelandrebel.com“) und ihrem Buch („Weniger Müll ist das neue Grün“) will Shia Su „nicht belehren, sondern denen Hilfe geben, die sich auf den Weg machen“. Sie haben ja selbst welche erfahren: Die Kompostkiste war der Tipp einer Leserin, und die kompostierbare Zahnseide hatten sie auch nicht selbst entdeckt. Völlig ungelöst ist eine andere Frage: „Bananen ohne Sticker ist fast unmöglich in Deutschland“, sagt Shia Su. So nah an null Müll.