Frankfurt/Main. Immer mehr Jugendliche trinken nach aktuellen Statistiken bis zur Besinnungslosigkeit. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert jetzt im Kampf gegen das "Komasaufen" eine grundsätzliche Ausweispflicht für junge Alkoholkäufer.
Angesichts der steigenden Zahl jugendlicher Komasäufer wird der Ruf nach einem schärferen Vorgehen gegen den Alkoholkonsum bei Minderjährigen lauter. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte eine grundsätzliche Ausweispflicht für junge Alkoholkäufer. Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) sieht dagegen vor allem die Eltern in der Pflicht: «Es herrscht ein Grundmissverständnis, dass Eltern sich immer mehr aus der Erziehung zurückziehen können, je mehr Angebote der Staat macht»
Nach Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) sind im vergangenen Jahr bundesweit fast 20.000 Minderjährige mit Alkoholvergiftungen in Krankenhäuser eingeliefert worden. Das sogenannte Komasaufen stehe inzwischen auf Platz 15 der häufigsten Ursachen für Klinikaufenthalte von unter 18-Jährigen. Die TK selbst verzeichnete 2008 einen Anstieg von rund zehn Prozent auf 1.765 Minderjährige, die wegen Alkoholproblemen ins Krankenhaus kamen.
Als besorgniserregend bewertete der TK-Vorsitzende Norbert Klusen, dass die Alkohol-Patienten immer jünger werden und bereits Kinder unter 15 Jahren mit einem Vollrausch stationär behandelt werden müssen. Klusen sieht im Schutz der Jugendlichen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es sei ein Problem, «wenn die Bierflasche, das Glas Wein und die Zigarette beim Fernsehen in der Familie immer präsent» seien. Supermärkte, Tankstellen und Gastronomen müssten in die Pflicht genommen, Alterskontrollen verstärkt werden, forderte der Kassen-Chef in der «Frankfurter Rundschau».
"Gesellschaftlich gebilligte Kultur des Kampftrinkens"
Lauterbach wies darauf hin, dass das Risiko bleibender Gefäßschäden umso größer sei, je früher Kinder Alkohol konsumierten. Der SPD-Politiker forderte höhere Strafen für Gastronomen und Einzelhändler, die Minderjährigen illegal Alkohol verkaufen: «Hier geht es nicht um Kavaliersdelikte. Und wer um seine Lizenz bangen muss, wird sich drei Mal überlegen, was er wem verkauft.» Zugleich beklagte Lauterbach «zu laxe Kontrollen durch die Ordnungsämter».
Mitte der Woche waren in Paderborn drei Schüler im Alter von 11, 12 und 13 Jahren hochgradig alkoholisiert ins Krankenhaus eingeliefert worden, nachdem sie sich auf einem Spielplatz betrunken hatten. Im Januar war in der Nähe des Spielplatzes schon einmal ein 13-Jähriger hochgradig alkoholisiert gefunden worden. Der Schüler schwebte damals in Lebensgefahr.
Die CSU-Politikerin Haderthauer sieht aber in der steigenden Zahl jugendlicher Komasäufer auch ein Indiz für Defizite in der elterlichen Erziehung. Zwar sei lange versucht worden, dem Alkoholkonsum von Jugendlichen mit Prävention entgegenzuwirken. «Dennoch ist eine Art gesellschaftlich gebilligte Kultur des Kampftrinkens entstanden», sagte die bayerische Sozialministerin der Tageszeitung «Die Welt». Sie berichtete von Ärzten, die von Eltern angegangen würden, wenn sie dezent auf die elterliche Aufsichtspflicht hinwiesen. Einen sogenannten Eltern-TÜV lehnte Haderthauer jedoch ab, da «die allermeisten Eltern ihre Pflichten sehr ernst nehmen». (ap)
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