Tripolis. Bei zwei schweren Schiffsunglücken im Mittelmeer kommen vermutlich hunderte Flüchtlinge ums Leben. Die libysche Küstenwache konnte erst 36 Menschen retten. Eines der Flüchtlingsboote soll sogar vorsätzlich versenkt worden sein.

Bis zu 700 Flüchtlinge sind bei zwei schweren Schiffsunglücken am Wochenende vor der libyschen Küste ums Leben gekommen. Ein Flüchtlingsboot mit 500 Insassen sei vermutlich vor wenigen Tagen von Menschenschmugglern vorsätzlich versenkt worden, berichtete die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Montag unter Berufung auf Überlebende. Zudem sank ein weiteres Boot mit 200 Flüchtlingen nach Angaben der libyschen Nachrichtenseite Al-Wasat am Sonntagabend. 36 Schiffbrüchige konnten gerettet werden.

Bei den 500 verunglückten Flüchtlingen soll es sich vor allem um Syrer, Palästinenser, Ägypter und Sudanesen handeln. Nach Angaben von IOM hatte das Schiff vor mehr als einer Woche im ägyptischen Hafen Damietta abgelegt. IOM beruft sich auf zwei palästinensische Flüchtlinge, die am Samstag gerettet und nach Sizilien gebracht worden waren.

FlüchtlingeMenschenschmuggler sollen Schiff versenkt haben

Die beiden Überlebenden gaben an, dass Menschenschmuggler das Schiff versenkt hatten, nachdem sich die Flüchtlinge geweigert hatten, auf hoher See in ein anderes Schiff umzusteigen. Sie seien danach mindestens 36 Stunden schiffbrüchig gewesen, bevor sie gerettet wurden.

Sollte sich die Geschichte bestätigen, wäre sie die größte Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer der vergangenen Jahre. Zudem wäre sie "ein Akt des Massenmords", heißt es in dem IOM-Bericht. Bei einem ähnlich tragischen Unglück waren im Oktober 2013 über 300 Flüchtlinge vor der italienischen Insel Lampedusa ertrunken.

Über 100.000 Flüchtlinge haben das Meer überquert

Ein zweites Flüchtlingsboot war am Sonntag unmittelbar vor der libyschen Küste gekentert. Dabei kamen nach Angaben von Al-Wasat unter Berufung auf die libysche Marine mehr als 160 Menschen ums Leben. 36 Schiffbrüchige seien gerettet worden. Das Unglück ereignete sich nahe der Hafenstadt Tadschura rund 20 Kilometer östlich der libyschen Hauptstadt Tripolis. Die Küstenwache würde vor Ort die Bergung übernehmen.

Nach Angaben der IOM sind seit Anfang diesen Jahres bisher rund 108 000 Flüchtlinge auf dem Seeweg nach Italien gekommen. Im Vorjahr seien es im gleichen Zeitraum 43 000 gewesen. Menschenschmuggler nutzen verstärkt die Wirren der Milizenkämpfe in Libyen, um Migranten aus Nordafrika nach Italien zu bringen. Die Entfernung zwischen Lampedusa und der libyschen Küste beträgt knapp 300 Kilometer. (dpa)