Soest.. Der Comedian Atze Schröder ist unter die Autoren gegangen. Er hat ein Buch geschrieben, in dem es auch um ganz ernsthafte Gefühle geht. “Und dann kam Ute“, ist der Titel. Beim Vorlesen vor Publikum ist er sogar nervös.
Man hat ihn so noch nicht gesehen. Mit einem Buch in der Hand. Einem BUCH. Atze Schröder grinst. „Hab’ bis gerade drin gelesen.“ Obwohl er das Buch kennt. Er hat es nämlich selbst geschrieben. „Und dann kam Ute“ (Wunderlich, 19,95 Euro) heißt es, und nein, es ist keine lose Sammlung von Witzen. „Es hat eine Geschichte“, sagt der Autor. Allerdings eine, die er in einem Satz zusammenfassen kann: „Waldorf-Lehrerin trifft Atze Schröder.“ Die ersten 100.000 Exemplare sind bereits verkauft.
Da sitzt er nun in seiner Garderobe und hat vor der ersten Lesung seines Lebens noch etwas Zeit zum Plaudern. Aber Gespräche mit Atze Schröder sind nicht so einfach. Weil es ihm wie keinem zweiten Comedian in Deutschland gelungen ist, mit der Figur, die er geschaffen hat, zu verschmelzen. Deshalb ist man sich nie sicher, wer da nun auf die Fragen antwortet.
Ist es der gelockte Revier-Proll mit der großen Klappe und Cowboy-Stiefeln, mit dem er seit Jahren die größten Hallen des Landes füllt? Der jeden in die Pfanne haut, sich selbst nicht ausgenommen, und höchstens seine Kontoauszüge liest? Oder ist es der Mann dahinter, der gerade John Greens Buch „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ verschlungen hat. Mit dem man unterhaltsam plaudern kann und der sehr freundlich ist – so lange man nicht versucht, seine bürgerliche Identität zu enthüllen. „Manchmal“, behauptet Schröder, „weiß ich selbst nicht so genau, wer gerade spricht.“
Atze Schröder - verständnisvoll, romantisch, ein Frauenversteher
Der private Schröder erzählt, dass er schon lange einen Roman im Kopf gehabt habe. Über Ute, die natürlich anders heißt im echten Leben. In seine Bühnenprogramme hat er sie längst eingebaut. „Aber es gab noch mehr zu erzählen. Ich hatte nur keine Zeit.“ Die hat er sich im Frühjahr genommen, hat sich mit seinem Co-Autoren Till Hoheneder, der mal die eine Hälfte von „Till & Obel“ war, hingesetzt und knapp „sechs Monate ganz stringent gearbeitet“.
Heraus gekommen ist ein Buch, das einen etwas anderen Atze zeigt. Verständnisvoll, romantisch, fast schon ein Frauenversteher. Schröder privat nickt. „Du kannst keinen Roman schreiben, ohne Gefühle zu zeigen.“ Fans des Halbstarken aus Essen-Kray müssen sich allerdings nicht sorgen. Der private Atze schreibt, wie der öffentliche spricht. Der Deutsche Buchpreis ist deshalb nicht zu erwarten, Fans werden sich allerdings prima amüsieren. Aber selbst live hat er sich in den vergangenen Jahren ja verändert, nimmt statt des Schwertes manchmal den Degen, wenn er jemanden mit Worten zerlegt. Wachsen da Kunstfigur und echter Mensch zusammen? „Na ja“, sagt er. „Ich bin privat auch schlagfertig. Aber manchmal fehlen selbst mir die Worte.“ Was seinem Alter Ego ja nie passiert. Auch sein Verhältnis zu Frauen ist ein anderes. Während der Bühnen-Atze nichts anbrennen lässt, lebt sein Erschaffer seit fast 25 Jahren mit derselben Frau zusammen. „Es grenzt wohl an Liebe.“
Mal schnell eine Zote zwischen den Kapiteln
Kurz nach 20 Uhr tritt Schröder vor das Publikum. Ein Stuhl, ein Schweinwerfer, knapp 300 Zuschauer im längst ausverkauften Saal vor ihm. Denen gesteht er: „Ich bin nervös. Habe ja noch nie eine Lesung gemacht.“ Vielleicht liest er auch deshalb in den ersten Minuten etwas zu schnell. Dann aber wird aus dem Vorleser der Comedian, der die Geschichte mehr spielt als vorträgt und zwischen den Kapiteln mal schnell ein paar Zoten auspackt. Die Menge tobt, Neuland erobert, Buch Nummer zwei schon in Planung.
Der Deutsche Comedypreis 2013
Ein neues Bühnenprogramm wird es bald auch geben. Für Atzes bürgerliches Leben bleiben die zahlreichen Live-Auftritte aber nicht ohne Folgen. Immer öfter, erzählt er, werde er in der Kneipe oder auf Partys erkannt, obwohl er im echten Leben ja ganz anders aussieht. Hilft aber nichts. „Die meisten“, hat er festgestellt, „kennen mittlerweile einfach meine Stimme.“ Selbst wenn sie nicht „Ja nee, is’ klar“ sagt.