Münster. Titus Dittmann, Leiter des Skateboard-Unternehmens "Titus", setzt sich für Kinder und Jugendliche in Afghanistan ein. Er stattet Schulkinder in Kabul mit Skateboards aus und bringt ihnen den Sport bei. Bald startet auch seine Stiftung "Skate-Ade", durch die er sein Engagement ausbauen will.
Mit Badeschlappen an den Füßen und einem Schutzhelm auf dem Kopf steht der kleine Junge auf seinem Skateboard. Er strahlt. Das Foto hat der Skateboard-Pionier und Unternehmer Titus Dittmann aus Münster in Kabul gemacht. Über Ostern ist er wieder in Afghanistan, um Kinder mit seinem Sport zu unterstützen. Diesmal mit Rupert Neudeck vom Friedenskorps «Grünhelme», berichtet Dittmann.
«Wir wollen an den von Neudeck gebauten Schulen erkunden, ob und wie dort mit dem Skateboard Jugendarbeit geleistet werden kann», sagt Dittmann. «Skateboarding kennt weder Grenzen noch Krieg», so das Motto des 60-Jährigen. «Ich will die Kinder in Afghanistan von dem Sport begeistern. Er hilft ihnen, kreativ und selbstbewusst zu sein.» Die Jungen und Mädchen brauchten etwas, womit sie sich identifizieren können. Der Einfluss der Taliban sei noch immer sehr groß. «Besser, sie greifen zum Skateboard als zur Kalaschnikow.»
Westliches Teufelszeug?
Dittmann weiß, dass die Bretter mit den vier Rollen in radikal-islamistischen Kreisen als «westliches Teufelszeug» angesehen werden. Zwei Tonnen Skateboards mitsamt Zubehör hat der Firmenchef unlängst von Münster nach Kabul transportieren lassen.
Pionierarbeit in Sachen Skateboard hat Dittmann schon in Deutschland geleistet. Die «taz» nannte ihn einst den «Paten der deutschen Skateboard-Szene». Der damalige Gymnasiallehrer Eberhard Dittmann war Ende der 70er Jahre so fasziniert vom rollenden Brett aus den USA, dass er im Sportunterricht eine Skateboard-AG gründete. In den 80er Jahren machte er sich unter dem Namen Titus als Ausrüster und Veranstalter großer Skateboard-Wettbewerbe selbstständig. Heute gibt es bundesweit 37 Titus-Shops. Trotz eines gescheiterten Börsengang 2002 gilt das Unternehmen heute in Europa als Marktführer für Skateboards und Zubehör.
Skateboard-Schulen und Skaterparks
Neben seiner Arbeit für die Firma bleibt Dittmann noch genügend Zeit für gesellschaftliches Engagement. Ein Jahr ist es her, dass er von dem Deutsch-Australier Oliver Percovich erfuhr, der eine Skateboard-Schule in Kabul errichten wollte. «Ich fand das eine tolle Idee», erinnert sich Dittmann, der selbst zwei Hilfsprojekte in Südafrika unterhält. Darunter einen Skater-Park in Kapstadt. Er sagte Percovich seine Unterstützung zu und rief in seinen Verkaufsshops zu Spenden rund ums Skateboard auf. «Von der ersten Minute an kamen die jungen Leute in die Läden und gaben ab, was sie nicht mehr brauchten.»
In Münster wurde das Material gesammelt, gesichtet, in Kisten verpackt und verschickt. Jetzt steht das neue Hilfsprojekt in der westlichen Provinz Herat an. «Rupert Neudeck und ich werden auskundschaften, ob und welche Voraussetzungen an den 26 Schulen für eine Jugendarbeit da sind», kündigt Dittmann an. Es gehe darum zu sehen, inwieweit die Lehrer bereit sind, das Projekt zu unterstützen. «Damit die Kinder nicht in diesen Strudel der Gewalt hineingeraten, wollen wir ihnen etwas bringen, auf das sie abfahren.»
Keine Angst um Sicherheit
Rupert Neudeck, bekannt durch die Rettung Tausender Flüchtlinge Ende der 70er Jahre mit dem Schiff «Cap Anamur», sei sehr interessiert an seiner Idee, erzählt der Münsteraner. «Es sei die ideale Ergänzung zu seinem Schulprojekt und bringe frischen Wind hinein.»
Angst um seine Sicherheit hat Dittmann nicht. Auch wenn er bei seinem ersten Besuch in Kabul im Januar zwei leichte Erdbeben erlebte. «Ich bin sogar mehrere Male grundlos in Polizeigewahrsam genommen worden - und nur mit viel Geduld, guter Laune und Kontakten wieder freigekommen», erzählt er.
Stiftung "Skate-Ade" startet bald
In wenigen Wochen will der Unternehmer seine Stiftung «Skate-Ade» ins Leben rufen. Unter ihrem Dach sollen Geld und Skateboards gesammelt, Know-how und Personal zur Verfügung gestellt werden, um damit seine gesamten Skateboard-Projekte und nicht zuletzt auch die Jugendkultur in seiner Heimatstadt Münster zu fördern. «Das Spendensammeln wird schwer», weiß er. Aber auch da verlässt sich Titus Dittmann ganz auf seinen Eigensinn: «Ich tendiere zur sympathischen Provokation.» (ddp)
Mehr zum Thema: