Washington. Im US-Bundesstaat Colorado sind drei Mädchen - 15, 16 und 17 Jahre alt - ihren Eltern ausgebüxt und haben sich auf eine Reise nach Syrien gemacht. Offenbar um sich der Terrormiliz Islamischer Staat anzuschließen. Das FBI ließ die drei am Flughafen Frankfurt festsetzen.
Wenn Assad Ibrahim und Ali Farah über ihre Töchter sprachen, dann nur Gutes. Die aus dem Sudan und Somalia stammenden Väter hatten sich und ihren Familien in Denvers Vorort Aurora, unrühmlich bekannt geworden vor zwei Jahren durch einen Massenmord in einem Kino, ein neues Leben fernab ihrer Bürgerkriegsheimat aufgebaut. Die Mädchen, 15, 16, und 17 Jahre alt, gingen gemeinsam auf eine High-School im Cherry Creek District. Besonderes Vorkommnisse? Keine. Soweit die Darstellung in örtlichen Medien.
Bis letzten Sonntag. Mit einem Flugzeug aus Frankfurt landeten die jungen Einwanderer-Kinder auf dem Internationalen Flughafen von Denver und wenig später in nahezu allen Nachrichten-Sendungen. Die Bundespolizei FBI hatte sie von den Kollegen in Frankfurt festsetzen lassen. Die Behörden im US-Bundesstaat Colorado glauben, das Teenager-Trio war auf dem Weg in den Dschihad im syrisch-irakischen Grenzgebiet.
Fehlender Pass machte Vater misstrauisch
Der Sachstand, so wie ihn Glenn Thompson und andere vom Büro des Sheriffs im Bezirk Arapahoe berichteten: Am vergangenen Freitag erhält Assad Ibrahim einen Anruf von der Schule seiner Tochter. Sie sei nicht zum Unterricht erschienen. Ibrahim wählt die Handy-Nummer seines Kindes. Am anderen Ende eine vertröstende Stimme: „Alles okay, ich bin nur zu spät.“
Als Ibrahim entdeckt, dass der Pass seiner Tochter fehlt, wird er misstrauisch und kontaktiert Ali Farah. Die Kinder sind befreundet. Und Väter haben manchmal den siebten Sinn. Farah entdeckt, dass 2000 Dollar in der Kasse fehlen und - ebenfalls - die Pässe seiner Töchter. Die Väter stellen umgehend Vermisstenanzeige. Zu diesem Zeitpunkt geht die Polizei noch von einem schlichten „Runaway“-Fall: Kinder, die weglaufen.
Computer lieferten Hinweise auf Islamisten
Binnen Stunden bekommt der Fall ein anderes Gesicht. Da sitzen die Mädchen mutmaßlich schon im Flugzeug Richtung Deutschland. Wie aus Ermittler-Kreisen verlautete, soll es auf den Computern der Mädchen Hinweise auf Kontakte zu radikal-islamistischen Kreisen geben. Das FBI handelt schnell, bittet in Frankfurt um Amtshilfe. Festsetzen! Am Sonntag nehmen Beamte der Bundespolizei die Mädchen, die sich bereits seit Stunden im Terminal aufhalten, in Gewahrsam und leiten die Rückreise ein.
Was genau sie wollten, warum Frankfurt, ob sie eine Kontaktperson hatten? Als Sheriff Evan Driscoll am Montag nach Aurora fuhr, um die Mädchen zu befragen, bekam er keine Antwort. Fahnder sind sich dagegen ziemlich sicher: das Ziel war der Heilige Krieg, der „Islamische Staat“.
Radikale Netzwerke suchen junge Frauen per Internet
Steve Pomerantz, früher Anti-Terror-Experte beim FBI, erklärte bereits vor Wochen im Fernsehen die generellen Hintergründe: Radikale Netzwerke würden über das Internet verstärkt junge Frauen mit muslimischen Wurzeln im Westen für sich gewinnen wollen. „Sie zielen auf Teenager, die leicht zu beeindrucken sind und die das Gefühl habe, dass sie nicht in die Gesellschaft passen, in der sie gerade leben.“
Sich dem Dschihad anzuschließen, gebe diesen jungen Frauen eine neue Bedeutung in ihrem Leben. Dass die Masche oft erfolgreich sei, liege auch an der Gegenseite. „Diese Mädchen suchen nach Aufregung. Sie wollen Abenteuer und soziale Akzeptanz.“ Pomerantz berichtete von Online-Profilen junger Sympathisantinnen, in denen die brutale Gewalt der IS-Milizen romantisch-pubertär verklärt wird. Kinderzimmer-Extremismus nennen das die Experten.
Dschihad gibt pubertierenden Mädchen Selbstvertrauen
Wozu das führt, können die Töchter von Assad Ibrahim und Ali Farah Mitte Januar nächsten Jahres im Gerichtssaal sehen. Dann erwartet Shannon Maureen Conley aus Arvada, ebenfalls in der Nachbarschaft Denvers, ihr Urteil. Die 19-Jährige Muslima war im April festgenommen worden, als sie ein Flugzeug Richtung Syrien besteigen wollte. Sie wollte eine aus Tunesien stammende Interne-Bekanntschaft treffen, die sich als IS-Kämpfer ausgab. Conley bekannte sich schuldig, Terror-Gruppen wie El Kaida unterstützt zu haben. Ihr drohen fünf Jahre Gefängnis und 250 000 Dollar Geldstrafe.