Köln.. Der wohl erfolgreichste deutsche Bandleader liebt das Leben unterwegs. Am Montag geht James Last wieder auf Tour. In NRW macht er drei Mal Station, in Köln, Krefeld und Dortmund. Seinen 84. Geburtstag feiert der Musiker James Last nur wenige Tage später auf der Bühne in Wien.
Stress scheint für diesen Mann ein Fremdwort zu sein. Er strahlt eine angenehme Lässigkeit aus – nicht nur weil er sein Silberhaar mit einem Künstlerzöpfchen gebändigt hat. Seine Körpersprache signalisiert: Ich bin zufrieden mit meinem Leben. Der Mann im legeren Freizeitdress, weiße Basketballstiefel inklusive, ist James Last. Am Montag startet der wohl erfolgreichste deutsche Bandleader eine neue Tournee. Zwei Tage später feiert er bei einem Konzert in Wien Geburtstag: seinen vierundachtzigsten.
Wir treffen uns in der Schänke eines Kölner Messe-Hotels. Barhocker, blankpolierte Tischplatten aus Buchenholz, Kölsch-Folklore an der Wand. Auch wenn die Kneipe mittags meist leer ist: Das Gespräch führt der Mann, der am 17. April 1929 in Bremen als Hans Last zur Welt kam, lieber in seinem Appartement, oben im sechsten Stock. „Da ist es ruhiger“, meint Last-Gattin Christine.
Sein Instrument ist das Orchester
James Last macht es sich im weißen Sofa bequem, Fensterfront im Rücken, Tür im Blick, hinter ihm steht ein schwarzer Flügel. Er rührt ihn nicht an: „Ich bin Bassist.“ Ob er heute noch spielt? Last betrachtet seine Hände und meint beiläufig: „Nein, das Spielen hat meine Finger kaputt gemacht.“
Sein Instrument ist sein Orchester. Eine perfekt geölte Maschine, besetzt mit besten Profis. Sie spielen gern für ihn. Der Bandleader ist immer ein fürsorglicher Chef gewesen. Er weiß: Verstehen sich die Musiker gut, wird auch die Musik gut. „Wissen Sie“, sagt der Künstler und seine braunen Augen blitzen dabei, „ich habe mal bei einem Konzert von Max Greger gesehen, was seine Musiker machen, wenn einer von ihnen ein Solo spielt – sie achten nicht darauf. Das würde bei meiner Band niemals passieren. Meine Musiker achten immer aufeinander. Es ist so, wenn sie durch unsichtbare Nervenbahnen miteinander verbunden wären.“
Seine Musik ist sofort erkennbar
Tatsächlich ist das Orchester von James Last sofort erkennbar. Seine Musik lebt von kompaktem Gruppenklang. Genau das erwies sich 1965 als Erfolgsformel, als Last sich entschied, den NDR zu verlassen und fortan auf eigene Rechnung zu produzieren. Bei der Plattenfirma Polydor, längst im Unterhaltungskonzern Universal aufgegangen, kamen drei Leute zusammen, die sich perfekt ergänzten: der Musiker James Last, Ossi Drechsler von der Abteilung Artist & Repertoire und Werner Klose vom Marketing. Die drei erfanden den „Happy Sound“, der seither mehrere Generationen von Fans beglückt hat. Den Namen James verpasste ihm die Plattenfirma, ohne sich mit ihm abzusprechen, wohl weil’s weltläufiger wirkte. Last nahm’s hin. „Freunde nennen mich Hansi“, sagt er grinsend.
Am Anfang stand Hitparaden-Pop. Last übersetzte das Lebensgefühl der Beatles-Jugend für ihre Eltern, indem er die rauen Arrangements der jungen Wilden mit Bläserschall und Streicherschmelz glättete. „Aber wissen Sie was?“, fragt Last, um gleich die Antwort zu liefern: „Meine meistverkauften Platten sind die Klassikalben.“ Dabei ist er inzwischen selbst ein Klassiker der populären Musik. Aber er lebt keineswegs im Gestern. Der König Midas der Unterhaltungsmusik (alles, was er anfasst, wird zu Gold) ist weder Vinyl-Nostalgiker noch Retrokünstler. Last nutzt Digitaltechnik, interessiert sich für Pop-Neuheiten, mag Christina Aguilera, liebt Lady Gaga.
Nach dem Konzert geht es mit der Truppe an die Bar
Musik als Lebenselixier? Last nickt. Deshalb empfindet er es nicht als Stress, wieder auf Tour zu gehen, von Hotel zu Hotel zu ziehen, zu proben und zu spielen, 23 Mal. „Wenn man gut vorbereitet ist, ist das kein Stress“, sagt der große alte Mann des Easy Listening und wirkt ganz jungenhaft dabei. Im Gegenteil: Last freut sich schon darauf. Der Titel der Konzertreise klingt nach Abschied: „The Last Tour 2013 – Einmal noch“ heißt sie. Aber wer Last kennt, weiß, dass der Mann, der offenbar mit der Kraft der zwei Herzen unterwegs ist, immer gut ist für eine Zugabe.
Er hat einfach zu viel Spaß an seinem Job – schon allein deshalb, weil es nach dem Auftritt erst ans Büffet, dann an die Bar geht. Er trinkt Gin-Tonic. „Das kann bis zwei, drei oder vier gehen. Und wenn das Lied ,I Believe I Can Fly’ gespielt wird, weiß ich, jetzt ist es für Hansi Zeit, ins Bett zu gehen.“