Köln.. Ein junger Mann ist in Köln von einer Gruppe attackiert worden – mutmaßlich, weil er eine Kippa trug. Polizei und Staatsschutz ermitteln.

Nach einem vermutlich antisemitischen Angriff auf einen jungen Mann in Köln geht die Polizei davon aus, dass sich der Verletzte und die Tatverdächtigen nicht kennen. Offenbar sei der 18-Jährige wegen seiner jüdischen Kippa aus einer etwa zehnköpfigen Gruppe heraus attackiert worden, sagte ein Sprecher der Ermittler am Sonntag. Der Mann hatte am späten Freitagabend mit einem Bekannten auf einer Grünfläche gesessen. Als sie gerade gehen wollten, soll er antisemitisch beleidigt worden sein.

Der 18-Jährige habe sich nach dem Grund erkundigen wollen und sei schließlich geschlagen worden, erläuterte der Sprecher. „Er wurde im Gesicht übel zugerichtet.“ Der Verletzte kam mit einem Nasen- und Jochbeinbruch ins Krankenhaus.

Ein Täter soll Kippa vom Kopf geraubt haben

Einer aus der Gruppe soll ihm zudem die Kippa vom Kopf geraubt haben. Die Tat wurde teilweise von einer installierten Polizeikamera aufgezeichnet. Noch in der Nacht hatten die Beamten zwei Heranwachsende im Alter von 18 und 19 Jahren, die sie auf den Videoaufnahmen wiedererkannt hatten, festgenommen. Die beiden seien am Samstag wieder freigelassen worden, gelten aber weiter als Tatverdächtige, erklärte der Sprecher. Weil die Polizei einen antisemitischen Hintergrund für die Tat annimmt, ermittelt der polizeiliche Staatsschutz.

Nach dem Angriff auf den 18-Jährigen will die Polizei nun weitere Personen anhand des Videomaterials identifizieren, die bei der Tat am späten Freitagabend mit dabei waren. Die Ermittlungen laufen daher mit Blick auf die Gruppe weiter: „Wir werten das gesamte Videomaterial aus“, sagte ein Polizeisprecher am Montag.

Bürgermeisterin Reker "entsetzt" über die Tat

Kölns Bürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) reagierte „mit Entsetzen und Bedauern“ auf die Gewalttat. „In unserer Stadt muss jeder und jede angstfrei leben können, egal welcher Religion man angehört, welche Weltanschauung man hat und wie man lebt und liebt“, erklärte sie am Sonntag.

„Diese Weltoffenheit gehört zu Köln und macht diese Stadt aus, daher schmerzen solche Übergriffe hier bei uns ganz besonders.“ Als Stadtgesellschaft müsse man deutlich machen, dass man solche Übergriffe nicht dulde.

Die nordrhein-westfälische Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat den Angriff auf den 18-jährigen Juden am Wochenende aufs Schärfste verurteilt. „Der feige Angriff auf einen jungen Mann in der Nacht zu Samstag in Köln hat offensichtlich wieder einmal die hässliche Fratze des Antisemitismus in Deutschland sichtbar gemacht“, erklärte Leutheusser-Schnarrenberger am Montag in Düsseldorf. Es müsse überall in Deutschland ohne Angst möglich sein, eine Kippa zu tragen.

Antisemitismusbeauftragte begrüßt Ermittlungen des Staatsschutzes

„Angriffe auf Leib und Leben von Jüdinnen und Juden sind widerwärtige Attacken, die konsequent verfolgt und mit aller Härte des Gesetzes bestraft werden müssen“, erklärte die ehemalige Bundesjustizministerin. Es würden alle rechtsstaatlichen Mittel eingesetzt, um „diese widerwärtige menschenverachtende Gesinnung von unseren Straßen zu verbannen“. Leutheusser-Schnarrenberger begrüßte, dass der Staatsschutz die Ermittlungen zu dem Fall führt.

Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat sich bestürzt über einen brutalen Angriff in Köln gezeigt. „Ich bin entsetzt über diesen schrecklichen und feigen Angriff auf einen jungen Mann, der offenbar aufgrund antisemitischer Motive aus einer Gruppe heraus heftig angegriffen und dabei schwer verletzt wurde“, sagte Klein am Montag in Berlin.

Dennoch lobte Klein den „schnellen Ermittlungserfolg der Polizei“, die die mutmaßlichen Täter noch am selben Tag festnehmen konnte. Seine Gedanken seien bei dem jungen Mann, dem er eine baldige und vollständige Genesung wünsche. „Zugleich hoffe ich, dass die mutmaßlichen Täter, die offenbar erst 18 und 19 Jahre alt sind, geeigneten Schulungsprogrammen zugeführt werden, in denen ihnen die Grundlagen der Rechtsstaatlichkeit und unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung vermittelt werden“, sagte Klein.(dpa)