Frankfurt/Main.. Die eisige März-Kälte hat den Flug der Zugvögel ins Stocken gebracht. In Hessen warten viele auf besseres Wetter für den Weiterflug, darunter Kraniche und Kiebitze und “bunte Russen“. Wir es nicht bald wärmer, wird die Nahrung knapp.
Tausende Zugvögel haben ihren Flug in die Brutgebiete unterbrochen und warten hunderte Kilometer vor ihrem Ziel auf besseres Wetter. Der scharfe und eiskalte Wind aus Nordosten hält sie von der Weiterreise nach Norden ab. Kraniche und Kiebitze, Goldregenpfeifer und Feldlerchen, Bekassinen oder Seidenschwänze - in Hessen harrt derzeit eine bunte Gemeinschaft aus. "Wir haben Zugstau, im Moment ist alles da", berichtet Matthias Werner von der Staatlichen Vogelschutzwarte in Frankfurt. "Das ist gewaltig, so viele waren es noch nie." Auch jenseits des Rheins in Rheinland-Pfalz seien einige gestrandete Zugvögel beobachtet worden.
Hessen ist ein typisches Transitland. Meist ziehen die Vögel schnurstracks von Südeuropa nach Norden, normalerweise berühren sie hessischen Boden gar nicht. "Wenn gutes Wetter ist, fliegen sie durch", sagt Berthold Langenhorst von Naturschutzbund Hessen (Nabu). Jedes Jahr machen einige Rast, aber dieses Mal bleiben sie ungewöhnlich lange, und manche sind aus dem Norden sogar wieder umgekehrt. Unter der dicken Schneedecke finden sie dort keine Nahrung.
Der Wind weht aus der falschen Richtung
Kraniche, Kiebitze und andere hängen nun in der Wetterau nördlich von Frankfurt fest. Auf den schneefreien Flächen fressen sie Erntereste, frische Saaten oder junges Gras. Die Kälte mache ihnen eigentlich nicht sehr viel aus, sagt Langenhorst. Sie bräuchten aber Nahrung. "Wenn das länger dauert, wird es auch hier eng."
Die Vögel seien unruhig und machten Versuche, weiterzufliegen, "aber sie fliegen noch nicht zielstrebig nach Norden", berichtet Werner. Der Wind komme aus der falschen Richtung, und gegen den Wind zu fliegen koste sie zu viel Kraft. Aber Südwestwind ist weiterhin nicht in Sicht. Noch bis weit nach Ostern sagen die Meteorologen winterliches Wetter mit Nordostwind voraus.
Die Region in Mittelhessen sei auf dem Weg der Vögel aus dem Süden einer der nordöstlichen Vorposten, an dem noch Nahrung auf schneefreien Feldern zu erreichen ist und die Tiere Ruhe finden. Auch im südlichen Niedersachsen, an der Northeimer Seenplatte, machen nach Beobachtungen der Naturschützer viele Rast.
Werner appelliert an Spaziergänger, die Vögel aus der Ferne zu betrachten und Hunde nicht frei laufen zu lassen. "Die Vögel brauchen Ruhe, Flüchten kostet Kraft."
Die Transitreisenden treffen auf Flüchtlinge aus dem Nordem
Mit den Durchreisenden in nördliche Richtung treffen sich in diesem Jahr auch Arten, die im Norden zu Hause sind und vor Kälte und Schnee in den Süden nach Hessen geflüchtet sind. Kleine Trupps von Seidenschwänzen beispielsweise seien in Parkanlagen der Städte gesichtet worden, berichtet Werner. Die farbenprächtigen Vögel, auch "bunte Russen" genannt, kommen aus Russland und Sibirien und sind sonst oft im Januar zu sehen, wenn es ihnen im Norden zu kalt ist und sie dort keine Nahrung finden.
Hinzu kommen Schwärme von Bekassinen, Vogel des Jahres 2013. Sie gehören zu den Schnepfen und sind an ihrem langen Schnabel zu erkennen, mit dem sie in weichem Untergrund nach Würmern suchen. Sie verbringen den Winter am Mittelmeer und sitzen jetzt ebenfalls fest. Manche von ihnen brüten in Hessen, andere ziehen weiter nach Norden. Für sie ist der lange Winter besonders gefährlich, denn wenn der Boden hartgefroren ist, drohen sie zu verhungern. (dpa)