Essen.. Viele Dienste liefern rezeptfertig portionierte Lebensmittel. Kunden sparen sich Planung und Einkaufsstress. Wir haben das Konzept “Kochbox“ getestet.
Freitag, 20.15 Uhr: Der Kühlschrank ist leer, der Magen auch. Da klingelt die nette Paketbotin und bringt das Abendessen – oder vielmehr die Abendessen-Vorräte für das gesamte Wochenende.
Kein neuer Service der Post, sondern ein ausgeklügeltes Geschäftsmodell: Es gibt mittlerweile mehrere Anbieter mit Sitz in Berlin, München, Hamburg oder Wien, die liebevoll zusammengestellte Fress-, pardon, Kochpakete versenden. Inhalt: Zutaten und Rezepte für ein oder mehrere Gerichte, für eine oder mehrere Personen. Eine durchschnittliche Box mit drei Gerichten für jeweils zwei Personen kostet etwa 40 Euro.
20.17 Uhr: Ich öffne den Karton: Knackfrische Spitzpaprika, Karotten, Zucchini und Süßkartoffeln lachen mich an. Linsen und Pinienkerne, kleine Tütchen mit Gewürzmischungen, Mandeln, Reis, Spaghetti. Dazu drei hübsche Rezeptkarten mit Fotos, die sofort Appetit machen. Als ob Mama mir ein Überlebenspaket geschickt hätte.
Sich Lebensmittel liefern zu lassen, die man erst noch verarbeiten muss, anstatt einfach eine Pizza zu bestellen – wer bitte macht denn sowas? Hauptsächlich Frauen, sagen die Kochbox-Anbieter übereinstimmend. Die bestellen meist für sich und den Partner oder die Familie. Manchmal auch für die Arbeitskollegen oder die WG-Mitbewohner. Kochen ist in, Zeit jedoch rar.
Kochbox-Service erspart den Einkaufsstress nach der Arbeit
Mit dem Kochbox-Service spart man sich die Suche nach einem Rezept und den Einkaufsstress nach der Arbeit. Die meisten Unternehmen listen ihre Zulieferer auf und geben die Herkunft der Lebensmittel mehr oder weniger genau an – Transparenz, die den Verbrauchern immer wichtiger wird. So sagt ein Packzettel, dass die Frühlingszwiebeln aus Deutschland stammen, die Süßkartoffel aus den USA, die Spitzpaprika aus der Türkei.
Zukunft des Einkaufens?
Jedem die passende Box, ob Fleischfan oder Vegetarier. Der österreichische Anbieter „KochAbo“ hat sogar Veganes im Programm. Auch „bio“ kommt in die Kiste: „Wo es sinnvoll ist, Bioware zu verwenden, tun wir das auch“, sagt etwa „KommtEssen“-Chefin Lisa Rentrop. Einfluss aber hat der Kunde nicht auf die gelieferten Gerichte – gegessen wird, was aus der Kochbox kommt. (Eine Ausnahme: die „Schlemmertüte“. Dort kann man zwischen acht wechselnden Gerichten seine Lieblinge auswählen.)
20.22 Uhr: Es wird geschnippelt. Zu zweit arbeiten wir im Akkord und versuchen uns genau ans Rezept zu halten. Da unser Abendessen von Profiköchen entwickelt, erprobt und von Ernährungsberatern abgesegnet wurde, verbietet uns die Tester-Ehre die großzügige Auslegung der Mengenangaben – auch gewürzt wird heute nicht „nach Gefühl“. Obwohl wir uns beeilen und nicht völlig ungeschickt im Umgang mit Messern und Kochtöpfen sind, brauchen wir 10 bis 20 Minuten länger als das Rezept vorsieht, beim Anbieter „HelloFresh“ ist die Abweichung im Test am größten.
Registrierte Kunden erhalten jede Woche eine Mail, die über den Speiseplan informiert. Außerdem müssen bestimmte Basiszutaten bereit gehalten werden – dass sind je nach Anbieter Salz, Pfeffer, Öl und Essig, Mehl und Eier bis hin zu Zimt, Milch und Rotwein. Das hat vor allem mit Abfallvermeidung zu tun. „KommtEssen“ ist da am konsequentesten, „KochAbo“ und „Schlemmertüte“ hingegen schicken beinahe alles mit: Dijonsenf und Honig im Zehn-Milliliter-Plastiktiegelchen und sogar eine kleine Flasche Rotwein für die Rotweinschalotten – die übrigens ausgezeichnet schmecken. Letztlich muss jeder selbst entscheiden, ob er sich einzeln verpackte Kleinstmengen zuschicken lassen möchte.
Neue Lieblingsgerichte- aber auch ein paar "Flops"
21.15 Uhr: Essen ist fertig! Spaghetti mit Möhren-Bolognese und Pinienkernen: macht satt und ist lecker. Kein neues Lieblingsgericht, aber immerhin etwas, auf das wir von selbst nicht gekommen wären.
Das Fazit: Die fünf getesteten Boxen mit 15 unterschiedlichen Gerichten enthalten zwei Flops, aber auch zwei neue Lieblingsgerichte. Da ist es umso bedauerlicher, dass die Anbieter allesamt damit werben, ihren Kunden kein Essen mehrfach pro Jahr vorsetzen zu wollen. Ebenfalls schade: Der Service ist nur bedingt mit spontanen Planänderungen zu vereinbaren. Am gängigsten ist nämlich das Abo-Modell: Ein- oder zweimal pro Woche kommt die Box. Kurz vorher abbestellen, weil man eingeladen wurde? Mal eben übers Wochenende wegfahren? Da bleibt nur, den Nachbarn eine Freude zu machen, die Kiste zu spenden (über die Tafel, das bietet „KommtEssen“ an), oder die Lieferung rechtzeitig, nämlich etwa eine Woche vorher, abzubestellen.
Einmalige Lieferungen gibt es nur „zur Probe“, regulär sind diese nur bei „KochAbo“ und „Schlemmertüte“. Und der Preis? Wer es genau wissen will, muss aufgrund der verschiedenen Konzepte die Preise auf die einzelnen Gerichte herunterrechnen, im Schnitt sind das pro Person je nach bestellter Menge etwa fünf bis sechs Euro. Es geht aber auch deutlich teurer.
Klar, wenn jemand meinen Speiseplan zusammenstellt, für mich Rezepte entwickelt und einkaufen geht, dann hat das selbstverständlich seinen Preis. Nur Mama macht das gelegentlich noch gratis.