Essen.. Erdbeben, Tsunami, Reaktorunglück – was derzeit in Japan geschieht, bewegt Internet-Nutzer in aller Welt. Augenzeugen-Tweets, Youtube-Videos, Googles Person Finder und Anti-AKW-Gruppen bei Facebook – DerWesten sagt, welche Links man kennen sollte.
Das Erdbeben in Japan hat auch das Internet und seine Nutzer erschüttert. Wer am Sonntag Vormittag nachsieht, welche Wörter beim Mikroblogging-Dienst Twitter gerade besonders oft verwendet werden, liest dort: Japan, Fukushima, Kühlung. Reaktor, Laufzeitverlängerung, Sicherheit. Und, ein Stück Alltag in der Ausnahmesituation: Brötchen. Frühstück.
Schon am Freitag macht ein Bild bei Twitter die Runde, veröffentlicht von einem Nutzer, der sich dort „mitsu_1024“ nennt: Ein klaffender Riss in der Erde, an dem entlang junge Menschen stehen. Von den meisten sieht man nur Turnschuhe und Hosenbeine, einer beugt sich vor und blickt hinab in den Spalt. Mehr als 350.000 Menschen haben sich das Bild seitdem angesehen.
Bewegendes auf Youtube
Unzählige Videoclips bei Youtube zeigen die Sekunden des Erdbebens, Fernsehsender greifen die Filmchen auf, manche fast in Endlosschleife. Wankende Gebäude. Gegenstände, die aus Regalen fallen. Menschen, die ins Freie rennen. Beklemmend sind auch die Aufnahmen eines Mannes, der zum Zeitpunkt des Erdbebens im Disney Land Tokio filmte: Hunderte Menschen, viele von ihnen mit aufgesetzten Micky-Maus-Ohren, warten auf den Umzug der berühmten Figuren. Nach den Erschütterungen hocken sie sich, wie zigmal geübt, auf den Boden. Wer weiterläuft, wird von einem Nachbeben fast umgeworfen. Auffällig ist, wie still die Menschen sind. Kaum Schreie oder Weinen. So ist die süßliche Gute-Laune-Musik aus den Lautsprechern gut zu hören, bis schließlich eine Durchsage folgt: „Wir haben gerade ein Erdbeben erlebt. Bitte bewegen Sie sich weg von allen Gebäuden.“
Oliver Reichenstein von der in Tokio ansässigen Agentur „Information Architects“ beschreibt am Freitag auf Twitter das Erdbeben. “Wir sind alle okay. Einige Computer könnten allerdings tot sein“, schreibt er unmittelbar nach der Katastrophe. Der Drucker habe eine ziemliche Wanderung durch den Raum gemacht. Weiter berichtet Reichenstein von mehreren Nachbeben: „Ich fühle mich seekrank.“ Mittlerweile sei das Telefonnetz zusammengebrochen. „Twitter ist die einzige Möglichkeit, zu kommunizieren.“
Twitterer organisieren sich
So mischen sich in den Stunden nach den Erdstößen zwei Arten von Twitter-Einträgen: Die von Betroffenen, die über Erlebtes berichten. Und die anderer Nutzer, die ihr Entsetzen und Mitgefühl in Worte fassen. Nach und nach kommen politische Tweets hinzu: Hinweise auf eine Online-Petition für den Atomausstieg, Aufrufe zu spontanen Anti-AKW Demos wie am Samstag Abend in Duisburg und am Sonntag Mittag in Bochum.
Der Suchmaschinenkonzern Google hat unterdessen eine Spezialseite zur Situation in Japan freigeschaltet. Neben Links zu Verkehrsinformationen, Notfallnummern, einer Übersichtskarte und Kontaktmöglichkeiten zum Roten Kreuz findet sich dort auch ein Angebot, das noch vor wenigen Tagen in und um Christchurch zum Einsatz kam: Googles „Person Finder“. Wer einen Vermissten sucht oder Informationen darüber hat, wo sich jemand aufhält, kann das beim „Personenfinder“ veröffentlichen. Mit Glück finden Suchende dann Einträge wie diesen: „Michael hat mich am 13. März vom Festnetz angerufen, um 11 Uhr vormittags Tokioter Zeit. Es geht ihm gut - aber immer noch kein Zugang zum Handynetz oder Internet.“
Wer Internet hat und Facebook nutzt, kann dort über einen einfachen Statuseintrag alle Bekannten informieren, wie es ihm geht. Auch hier sind die Nutzer bewegt und berührt. Einige organisieren sich in Gruppen, weisen auf neueste Meldungen und Videos hin - und trauern. 120.000 Menschen haben sich der Initiative „Pray for Japan“ (Betet für Japan) angeschlossen, zeigen aus den Niederlanden, aus dem Kosovo oder aus dem Iran ihr Mitgefühl. Auf der deutschsprachigen Seite „Gedenken an Tsunami- und Erdbeben-Opfer in Japan“ mit 1500 Mitgliedern äußern viele ihre Gedanken: René Maurer schreibt „Mein armes Traumland. Ich bete für die Opfer“, Larissa Gianniki fühlte sich bei den ersten Bildern wie in einem Weltuntergangsfilm aus Hollywood: „einfach schrecklich“.
Japan auf Facebook
Die Sorge vor einer Atomkatastrophe bringt in diesen Tagen auch den Facebook-Initiativen Zulauf, die schon seit Monaten gegen eine Laufzeit-Verlängerung für deutsche Kernkraftwerke kämpfen. Auf der Greenpeace-Seite, aber auch auf Seiten wie „Gegen Atomkraft“ oder „Atomkraft? Nein danke!“ wird diskutiert, gestritten und geschimpft: „Dieselbe Salami-Taktik wie damals - Tschernobyl“, meint Christian Angersbach. Und Facebook-Nutzer Li No ruft auf: „Jeder kann was bewirken: ,Atomkraft? Nein danke!‘ im Profilbild’ Er selbst geht als Beispiel voran - und hat sein Foto gegen das Sonnensymbol der AKW-Gegner ausgetauscht.
Bei den Facebook-Fans von DerWesten gibt es bisher keine einheitliche Haltung. Zwar sind Kommentare wie „Abschalten bitte, die Alternativen nehmen“ in der Mehrheit, doch auch Meinungen wie „Das kann in Deutschland doch gar nicht passieren“ finden sich. Andere Nutzer warnen vor übereilten Entscheidungen: Nun sei zunächst einmal der Zeitpunkt, Japan zu helfen.
Dass die dreifache Katastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Reaktorunglück Auswirkungen bis hin nach Deutschland, ja sogar nach NRW haben wird , liegt zu diesem Zeitpunkt auf der Hand. Das sieht auch Twitter-Nutzer „Unkreativnet“ aus Voerde und schreibt: „Ob die CDU in NRW jetzt immer noch Neuwahlen will?“ Verschlagwortet hat er diesen Eintrag mit einem Begriff, der wohl in den kommenden Woche noch oft unter den meistbenutzten bei Twitter sein wird: AKW.