Wiesbaden. Die Revierkämpfe zwischen den Motorradgangs sind auch 2011 wieder entflammt. Zwar haben die Rocker im Mai 2010 öffentlich Frieden geschlossen, doch die Auseinandersetzungen gehen weiter. Offen ausgetragene Kämpfe zwischen Rockerbanden gebe es immer wieder, so das Bundeskriminalamt.

Von Rockerfrieden keine Spur: Trotz des offiziellen Stillhalteabkommens zwischen
den Hells Angels und den Bandidos sind die Revierkämpfe der Motorradgangs wieder
entflammt. Es sei auch 2011 zu den "fast schon traditionellen körperlichen
Auseinandersetzungen" zwischen verfeindeten Gruppen gekommen, sagte der
BKA-Abteilungsleiter Schwere und Organisierte Kriminalität, Peter Henzler.

Der öffentlichkeitswirksame Friedensschluss zwischen den beiden
Rockergangs im Mai 2010 habe keine langfristigen Folgen gehabt: "Auf der oberen
Ebene hat man sich still verhalten, auf der darunterliegenden hat man so
weitergemacht, bis hin zu Auseinandersetzungen der Supporterclubs".

Offen ausgetragene Kämpfe

Auch zwischen Hells Angels und Bandidos würden die Kämpfe längst
wieder offen ausgetragen, so wie bei der Schlägerei von Mitgliedern beider Clubs
am vorvergangenen Wochenende in Mönchengladbach
. "Das zeigt, dass die
Auseinandersetzungen zwischen Hells Angels und Bandidos keinesfalls zum
Stillstand gekommen sind", sagte Henzler.

Auch die verabredete Zurückhaltung bei der Expansion hätten beide
Seiten nach dem Ablaufen des einjährigen Moratoriums aufgegeben. "Das ist
definitiv beendet, weil es zwischenzeitlich eine Reihe von Neugründungen sowohl
bei den Bandidos als auch Hells Angels gegeben hat", sagte Henzler. Bereits
während des Moratoriums hätten die Unterstützer-Clubs darüber hinaus mehrere
Untergruppen, sogenannte Chapter oder Charter, gegründet.

Kerngeschäft der Rocker ist das Rotlichtmilieu

Die Zahlen für das vergangene Jahr zu den von den Outlaw Motorcycle
Gangs (OMCG) verübten Straftaten sind noch nicht veröffentlicht. Im Bereich
Organisierte Kriminalität waren 2010 insgesamt 57 Verfahren gegen Rockergruppen
oder Banden mit Verbindungen zu Rockerclubs geführt worden. "Insgesamt gesehen
bewegten sich diese Straftaten 2011 in etwa auf dem Niveau von 2010", schätzt
Henzler. Das Kerngeschäft der Rocker spiele sich nach wie vor im Rotlichtmilieu
ab. Es würden Verfahren wegen räuberischer Erpressung, Menschenhandels und
dirigistischer Zuhälterei geführt.

Die Kräfteverhältnisse in der Szene haben sich nach Einschätzung der
Ermittler nicht geändert. "Die Hells Angels sind nach wie vor die
mitgliederstärkste Gruppierung, dann kommen die Bandidos, gefolgt vom Gremium MC
und dem Outlaws MC". Auch die absoluten Mitgliederzahlen seien im Wesentlichen
konstant geblieben.

Clubs sollen wenn möglich geschlossen werden

Derzeit geht das BKA von 121 kriminellen Rockergruppierungen in
Deutschland mit etwa 500 regionalen Untergruppen und rund 6500 Mitgliedern aus.
Diese würde vereinzelt auch aus der rechtsgerichteten Szene und aus der
Hooliganszene rekrutiert, sagte Henzler.

Aus seiner Sicht ist es wichtig, den Ermittlungsdruck hoch zu halten:
"Konsequente Strafverfolgung und Verhängung von Vereinsverboten, wo es
erforderlich und möglich ist." Zwar würden sich nach Vereinsverboten an anderer
Stelle neue Clubs gründen - ohne ihre Kutten sinke aber das Drohpotenzial der
Rocker, zudem werde ihr Vereinsvermögen eingezogen. (dapd)