Das Männermagazin GQ setzt in seiner Januar-Ausgabe ein Zeichen gegen Homophobie. 13 deutsche Stars haben sich dafür beim Küssen fotografieren lassen. Für die Initiative “Mundpropaganda“ ließ sich auch Herbert Grönemeyer beim Knutschen ablichten - und hatte viel Spaß dabei.
Es gibt kaum etwas Intimeres als einen Kuss auf die Lippen. Ihr erstes Mal bleibt den meisten Menschen ein Leben lang in Erinnerung, und glückliche Pärchen erzählen immer wieder die Geschichte, wie es zu ihrem ersten Kuss kam. Ein Kuss vermag Freundschaften zu besiegeln, einander Vertrauen auszusprechen, Nähe zu vermitteln. Und das ganz ohne Worte.
Ganz ohne Worte sprechen auch die Fotos der GQ-Kampagne "Mundpropaganda" Bände. 13 deutsche Stars, darunter Herbert Grönemeyer und August Diehl, die Musiker von "Revolverheld" und "Fettes Brot", die Schauspieler Ken Tuken und Kostja Ullmann und die Beachvolleyball-Olympiasieger Julius Brink und Jonas Reckermann, haben sich dafür in diesem besonderen Moment ablichten lassen: Sechs sehr persönliche Bilder von sich küssenden, heterosexuellen Männern sind daraus entstanden.
Toleranz gegenüber Homosexualität
Die Botschaft dieser ungewöhnlichen Aktion ist eindeutig - das Männermagazin möchte ein Zeichen gegen Schwulenhass setzen.
Und dazu gibt es genug aktuellen Anlass: Vor allem die russische Regierung steht seit Monaten verstärkt in der Kritik wegen ihrer Homosexuellen-feindlichen Legislatur. Auch in Indien ist gleichgeschlechtliche Liebe Medienberichten zufolge wieder illegal, wie heute bekannt wurde.
Gegen Diskriminierung und für Akzeptanz der Vielfalt spricht sich GQ-Chefredakteur José Redondo-Vega in dem Editorial der "Mundpropaganda"-Kampagne aus. "An vielen Orten der Welt ist Schwulenfeindlichkeit gang und gäbe", schreibt Redondo-Vega in der am Donnerstag erscheinenden Januar-Ausgabe des Magazins. Gerade die Medien seien deshalb in der Pflicht, sich für Toleranz auszusprechen: "Jedes Naturell ist wichtig."
Neue Erfahrung für Fotomodelle
Für die prominenten Fotomodelle war die Motividee eine ganz neue Erfahrung - und nicht unbedingt eine schlechte. "Ich muss sagen, er hat wunderbare Lippen", schwärmt Herbert Grönemeyer im Making-Of-Video der Fotoreihe über seinen Foto-Partner August Diehl, "er küsst sehr gut, hat eine schöne Körperwärme. Es hat Spaß gemacht." Da wirkt fast wie ein positiver Nebeneffekt, was eigentlich der Anstoß zum Fotoshooting war: "Ich finde es richtig, mit der Kampagne Stellung zu beziehen. Das ist auch für die Menschen in Russland wichtig, dass sie das Gefühl haben, sie werden nicht allein gelassen."
Kritik gibt es aus den Reihen der "Mundpropaganda"-Unterstützer auch für das Internationale Olympische Komitee. Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, dass die olympischen Winterspiele noch immer in Sotschi abgehalten werden sollen, kommentierte Schauspieler Ken Duken.
Unterstützung für homosexuelle Sportler
Zum Thema Homosexualität im Sport bezogen auch Julius Brink und Jonas Reckermann Stellung: "In einigen Sportarten ist es kein Problem, sich zu outen", so Reckermann. Dass vor allem im Fußball homosexuellen Spielern noch immer davon abgeraten werde, sich zu outen, könne er nicht verstehen: "Meiner Meinung nach ist die Gesellschaft gerade in Deutschland schon so weit und kann damit sehr gut umgehen."
Bei allem Mut, den Redondo-Vega den prominenten Paten von "Mundpropaganda" für ihre Teilnahme zuspricht, ist hinter den Kulissen dennoch eine gewisse Hemmschwelle zu spüren.
"Die Absagen, die wir auf der Suche nach Unterstützern für diese Initiative bekamen, haben uns gezeigt, dass selbst in Deutschland noch ein weiter Weg zu gehen ist", so der Chefredakteur in der Pressemitteilung zum Projekt. Und nicht alle Fotografierten ließen ihrer Freude am körperlichen Kontakt zum starken Geschlecht so offen zu wie Grönemeyer: "Es war eine interessante Erfahrung. Meine Frau ist mir dennoch lieber", sagte Jonas Brink.
Alle Fotos im neuen Magazin zu sehen
Alle Fotos des intimen Fotoshootings gibt es in der Januar-Ausgabe von GQ zu sehen, die am Donnerstag erscheint. Dazu gibt es einen Aufkleber, mit dem die Leser ihre Unterstützung für das Projekt und seine Botschaft spazieren tragen können. Im begleitenden Redaktions-Blog und auf www.gq.de/mundpropaganda gibt es Infos und ein Making-Of-Video zur Aktion, und auch auf Facebook hat "Mundpropaganda" eine eigene Präsenz. Auf Twitter kann unter dem Hashtag #Mundpropaganda mitdiskutiert werden.
"Ich bin froh, dass wir so was machen können – vor allem mit so einem schönen Bild", fasst August Diehl seine Motivation zur Teilnahme an dem Projekt zusammen, "Aber letztendlich ist es traurig, dass man überhaupt solche Aktionen machen muss. Dass man überhaupt für Toleranz kämpfen muss."