Tallahassee.. Eine 73-Jährige aus Baden-Württemberg hatte vor zweieinhalb Jahren auf der Ferieninsel St. George in Florida ihren fünfjährigen Enkel Camden in der Badewanne ertränkt. Er sollte nicht als Scheidungskind aufwachsen.
Sein Sohn, sagte David Hiers mit Tränen in den Augen im Gerichtssaal von Apalachicola, hatte wie jedes Kind in seinem Alter Angst vor der Dunkelheit und bösen Monstern unter dem Bett. „Ich erklärte ihm immer, es gibt keine Monster“, erzählte der Software-Programmierer aus Atlanta, „ich habe mich geirrt. Camden brauchte dringend Schutz vor den Monstern im richtigen Leben.“ Schutz vor Marianne Bordt.
Die 73-Jährige aus Nufringen in Baden-Württemberg hatte vor zweieinhalb Jahren auf der Ferieninsel St. George in Florida ihren fünfjährigen Enkel Camden in der Badewanne ertränkt. Er sollte nicht als Scheidungskind aufwachsen. Bis Montagabend drohte der Rentnerin, die von Boulevard-Zeitungen „german killer granny“ genannt wurde, die Todesstrafe. In letzter Minute segnete Richterin Angela Dempsey einen „Deal“ zwischen Anklage und Verteidigung ab: 21 Jahre Haft. Julie Montanaro, Gerichtsreporterin des Senders WCTV in Tallahassee, sagte dieser Zeitung: „Nach dem Gesetz kommt die Angeklagte nicht vor ihrem 90. Geburtstag auf freien Fuß. Eine Deutsche könnte also in amerikanischer Haft sterben.“
Marianne Bordt war zum Jahreswechsel 2009/2010 mit ihrem Mann Heinz aus der Kleinstadt bei Böblingen nach Florida gereist, um mit dem kleinen Camden Urlaub zu machen. Die Eltern, Bordts Tochter Karin und David Hiers, waren zu diesem Zeitpunkt bereits über drei Jahre geschieden. Am Abend des 4. Januar 2010 ging Heinz Bordt auf Einkaufstour in dem Ferienort. Bei der Rückkehr fand er seine Frau in aufgelöstem Zustand vor.
Großvater fand Enkel leblos in der Badewanne
Und seinen Enkel mit dem Kopf nach unten leblos in der Badewanne. Er wurde wenig später in einem Krankenhaus für tot erklärt. Marianne Bordt gestand die Tat. Ihr Motiv: Sie habe es nicht verwinden können, dass der Junge, der seit 2006 zumeist bei seiner Mutter in Atlanta gelebt hatte, in einer Scheidungsehe aufwächst. Seither saß sie im Justizkrankenhaus von Chattahoochee. Sie wurde über Monate mit schweren Psychopharmaka behandelt und galt erst seit kurzem als verhandlungsfähig.
Ein deutscher Rechtsgutachter aus Michigan hatte ihr bescheinigt, durch einen Bombenangriff im Weltkrieg so schwer am Kopf verletzt worden, dass daraus Paranoia, starker Realitätsverlust und schwere Depressionen entstanden seien, die sie zur Tatzeit erheblich in ihrem Urteilsvermögen beeinträchtigt hätten. David Hiers bezweifelt das. Zu keiner Zeit habe Camdens Oma geistig auffällig gewirkt. Er hatte auf mindestens 30 Jahre Haft plädiert.
Verteidigung und Anklage verhandelten lange
Über Monate hatten sich Verteidigung und Anklage nicht auf einen Kompromiss verständigen können, der der alten Frau die Todesstrafe erspart, die das Gesetz in Florida für diesen Fall vorschreibt. Zuletzt war darum für den 24. Oktober mit dem Beginn eines umfangreichen Verfahren gerechnet worden, zu dem auch etliche Experten aus Deutschland hätten anreisen müssen.
Wie die Einigung zustande kam, Bordt wurden rund 1000 bereits abgesessene Hafttage angerechnet, darüber bewahrten alle Prozessbeteiligten Stillschweigen. Als sicher gilt, dass die Bundesregierung über die deutsche Generalkonsulin in Florida die ablehnende Haltung Berlins zur Todesstrafe hartnäckig überbracht hat. Zuletzt waren 1999 die Deutschen Walter Bernhard und Karlheinz LeGrand in Arizona hingerichtet worden. Das Brüderpaar hatten 1982 eine Bank überfallen und den Bankdirektor erstochen.
Marianne Bordt, gekleidet mit orangefarbenem Häftlings-Overall und weißen Turnschuhen, nahm das Urteil regungslos hin. Camdens Vater will vor einem Bundesgericht weiter für eine noch härtere Strafe für die Frau kämpfen, die ihm den Sohn genommen hat. Und sich den Enkel.