Berlin. Das Hochwasser ist lange nicht überstanden, auch wenn Pegelstände sinken oder stagnieren. Das Wasser wird weiter tagelang auf die Deiche drücken. Politiker wollen den Hochwasserschutz überprüfen. Der volkswirtschaftliche Schaden durch die Flut wird auf rund zwölf Milliarden Euro geschätzt.

Das Hochwasser wälzt
sich mit aller Macht durch Ost- und Norddeutschland. Vor allem in
Schleswig-Holstein blicken die Menschen gebannt auf die Elbe, bei Lauenburg
stagnierte der Pegelstand am Dienstagnachmittag bei 9,60 Meter. Die Spitze des
Hochwassers hat Sachsen-Anhalt verlassen, trotzdem blieb die Lage in Teilen des
Landes dramatisch. Bedrohlich waren die Wassermassen auch nach wie vor in
Brandenburg.

Nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch dürfte die Flutkatastrophe
einen volkswirtschaftlichen Schaden von insgesamt etwa 12 Milliarden Euro
verursacht haben. In der Politik begann eine Debatte über die Finanzierung der
Milliardenschäden und den Ausbau des Hochwasserschutzes.

Rösler will Pauschalzahlungen aus einem Fluthilfefonds

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will die Opfer mit
Pauschalzahlungen aus einem Fluthilfefonds unterstützen. Das sagte der
FDP-Politiker im Inforadio des RBB. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) sagte in
einem Interview mit der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag), dass der
Hochwasserschutz überprüft werden müsse, es bestehe erheblicher Nachholbedarf.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) forderte in der "Superillu" ein
konsequentes und zügiges Umsetzen von Schutzmaßnahmen.

Die Fluthilfe ist auch bei dem Treffen der 16 Ministerpräsidenten mit
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Donnerstag Thema. Bundespräsident
Joachim Gauck hatte die Menschen zuvor zu Spenden aufgerufen.

Weiter Verspätungen im Fernverkehr der Deutschen Bahn

Nach dem Deichbruch an der Elbe bei Fischbeck stehen im Norden
Sachsen-Anhalts Quadratkilometer an Fläche unter Wasser. Die Bundeswehr warf am
Dienstag mit mehreren Hubschraubern große Sandsäcke in die Fluten. Damit wurde
ein weiteres Aufreißen des Deiches verhindert und die Fließgeschwindigkeit etwas
abgemildert. Nach Angaben des Krisenstabes der Landesregierung ist der
Deichbruch im Landkreis Stendal damit unter Kontrolle. Trotz langsam sinkenden
Wasserstandes der Elbe sei die Lage weiter dramatisch, sagte Landrat Carsten
Wulfänger (CDU). "Wir sind noch lange nicht durch." Schwierig blieb die
Situation auch an der Mündung der Saale in die Elbe.

Die Sperrung einer Elbbrücke wegen Hochwassers in Sachsen-Anhalt
verursachte weiter Verspätungen im Fernverkehr der Bahn. Betroffen sind die
ICE-Verbindungen Berlin-Köln und Berlin-Frankfurt am Main.

Wasser könnte noch zehn Tage in Wittenberge stehen

Der Pegelstand der Elbe in Lauenburg in Schleswig-Holstein stagnierte
bei 9,60 Metern, das langjährige Mittel liegt bei etwa 5 Metern. "Wir hoffen,
dass es jetzt das Ende ist", sagte Feuerwehrsprecher Thomas Grimm. Ob der Hochwasser-Scheitel aber wirklich erreicht sei, bleibe
abzuwarten. Ursprünglich war das für Mittwoch oder Donnerstag vorhergesagt
worden.

Die Spitze des Elbe-Hochwassers erreichte inzwischen die Prignitz im
Norden Brandenburgs. "Das Plateau geht jetzt langsam durch", sagte eine
Sprecherin des Krisenstabes. Der Wasserstand zeigte sich zunächst bei einer Höhe
um 7,75 Meter in Wittenberge (Mittelwert: 2,77 Meter) relativ stabil. "Die
Situation ist dennoch nicht zu unterschätzen, weil das Wasser sehr lange bei uns
stehen wird." Der Landkreis rechnet mit einer Dauer von bis zu zehn Tagen.
Experten hatten befürchtet, dass die Elbe einen historischen Höchststand von
mehr als acht Metern erreicht.

Kein Grund zur Entwarnung in Niedersachsen

Das Elbe-Hochwasser erreichte in
Niedersachsen seinen Höhepunkt weitgehend. "Auch wenn wir davon ausgehen, dass
an den meisten Pegeln in Niedersachsen der Höchststand erreicht ist, gibt es
trotzdem noch keinen Grund zur Entwarnung", sagte Sprecher Achim Stolz vom
Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. "Das Wasser wird
noch mehrere Tage auf sehr hohem Niveau an den Deichen stehen und einen
entsprechenden Druck ausüben."

Die Elbe erreichte in Mecklenburg-Vorpommern ihren Höchststand. Seit
Dienstagmorgen stagnierte der Wasserstand in Dömitz bei 7,20 Meter, am Mittwoch
soll er dann auf 6,95 Meter sinken. Im etwas weiter flussabwärts gelegenen
Boizenburg stieg die Flut dem Internetportal pegelonline zufolge am Vormittag
noch leicht auf 7,30 Meter - normal sind an beiden Stellen etwa zwei Meter. Auch
dort werden sinkende Pegelstände erwartet.

Neue Hochwasserwelle auf der Donau

In manchen Gebieten Bayerns führten unwetterartige Regenfälle zu
einer neuen Hochwasserwelle auf der Donau. In den von der Flut der vergangenen
Woche besonderes betroffenen Gebieten Niederbayerns wurde am Dienstag wieder die
Hochwassermeldestufe zwei erreicht, es gibt vier Warnstufen. Die Helfer im
Katastrophengebiet rund um Deggendorf müssen voraussichtlich noch mehrere Wochen
lang Gebäude auspumpen, ausgelaufenes Öl binden und Straßen vom Schlamm
reinigen. (dpa)