Mülheim. Ärger um Aldis Billig-Thermokocher: Weil es zu wenige Geräte gab, prügelten sich einige Kunden darum. Die Wut richtet sich auch gegen Aldi selbst.

Rabiate Aldi-Kunden prügeln sich um eine Billig-Variante des mindestens 1000 Euro teuren Thermomix: In mindestens zwei Fällen ermittelt die Polizei nach Auseinandersetzungen um das 199-Euro-Gerät. Aldi Süd selbst bekommt von Kunden Prügel, weil die dem Unternehmen ein Lockvogelangebot vorwerfen.

In Weiden in der Oberpfalz musste eine Aldi-Mitarbeiterin sechs Minuten nach Öffnung die Polizei rufen. In dem Markt hatte es Tumulte gegeben im Streit um die letzten Thermokocher. Eine Frau war von einem anderen Thermokocherfan mitsamt Gerät weggezogen worden und dabei gestürzt. Beim Fallen gegen ein Regal erlitt sie laut Polizei Prellungen. Auch aus einer Filiale in Gernsbach in Baden-Württemberg wurde eine ähnliche Szene gemeldet: Marktbesucher schilderten, ein Mann habe die Frau niedergerungen, sei zum Bezahlen und dann davon gefahren. Jetzt läuft eine Anzeige wegen Körperverletzung.

Wütende Beschwerden auf Aldi-Website

Auf der Facebookseite von Aldi Süd häufen sich wütende Beschwerden von Kunden. Sie berichten, dass in Filialen gar kein Gerät in den freien Verkauf gegangen sei. Der Schwarzwälder Stefan Scheibe meint angesäuert: „Da hat sich wohl Aldi bei Apple etwas abgeschaut! Soweit kommt’s noch, dass man sich in Zukunft vor Aldi mit Schlafsack die Nacht um die Ohren schlagen darf wegen einer Küchenmaschine.“

Andere Thermokocher-Fans beklagten, die Geräte seien alle für Bekannte der Mitarbeiter reserviert gewesen oder es habe gar keine Geräte in der Filiale gegeben. “Ich hatte nie die Chance auf ein Küchengerät! Wofür stehe ich in der Kälte?“, klagt eine Frau. Ein Mann gibt an, etliche Filialen vergebens abgefahren zu sein. „Da hätte ich ja im Bett bleiben können. Wer erstattet mir das Fahrgeld?“

Aldi spricht bei Thermomix-Klon von „sorgfältiger Planung“

Aldi reagiert auf seiner Facebookseite mit einer Standardantwort, die manche Kunden noch wütender macht. Die Aktionen würden „sorgfältig geplant“, schreibt der Discounter. Es könne aber sein, dass ein Produkt „unerwartet stark nachgefragt“ werde. Der Run auf die Küchenmaschine war aus Sicht der Kunden absehbar, obwohl Lidl bereits seit Montag ein ähnliches Gerät im Sortiment hat.

Das sieht auch Frithjof Jönsson so, kommissarischer Bereichsleiter Recht bei der Verbraucherzentrale Berlin: „Wenn Aldi mit einem Kampfpreis für eine beliebte Technik an den Markt geht und großflächig wirbt, muss Aldi mit einem Ansturm rechnen. Da können sie sich nicht damit rausreden, die Nachfrage sei überraschend groß.“ Jönsson hält fest: „Für mich ist das ein Lockvogelangebot.“

Kunden nutzt das wenig: „Es gibt keinen Anspruch auf ein Gerät.“ Aldi vertröstet auf Nachfrage mit einer Warteliste. Das Unternehmen kann aber nicht versprechen, genügend Küchenmaschinen organisieren zu können. Es sei ja nicht abzusehen, wie viele Interessenten sich melden, erklärte eine Aldi-Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion. Sie bestätigte: „In der Tat war die Küchenmaschine in vielen Filialen, sicherlich auch aufgrund hoher medialer Aufmerksamkeit im Vorfeld, schnell ausverkauft.“ Die Küchenmaschine sei aber in allen rund 1850 Filialen am Aktionstag zu kaufen gewesen.

Wettbewerber könnten rechtlich gegen Aldi vorgehen

Wettbewerber und Verbraucherschützer könnten nun versuchen, wettbewerbsrechtlich gegen Aldi vorzugehen. 2011 hatte der Bundesgerichtshof in einem solchen Fall Lidl wegen irreführender Werbung verurteilt: Computerbildschirme waren da in vielen Filialen schon mittags nicht erhältlich. Das Gericht entschied deshalb, dass Lidl Computerprodukte nur noch anpreisen darf, wenn er sie am ersten Geltungstag bis 14 Uhr vorrätig hat. Sonst droht hohes Ordnungsgeld. Für andere Produkte gilt das Urteil aber nicht.

Wettbewerber und Verbraucherschützer könnten versuchen, wettbewerbsrechtlich gegen Aldi vorzugehen. 2011 hatte der Bundesgerichtshof in einem solchen Fall Lidl wegen irreführender Werbung verurteilt: Computerbildschirme waren da in vielen Filialen schon mittags nicht erhältlich. Das Gericht entschied deshalb, dass Lidl Computerprodukte nur noch anpreisen darf, wenn er sie am ersten Geltungstag bis 14 Uhr vorrätig hat. Sonst droht hohes Ordnungsgeld. Für andere Produkte gilt das Urteil aber nicht.

Netto ist Lockvogel-Spitzenreiter

Die Verbraucherzentrale NRW hat eigens ein Beschwerdeforum „Stopp den Lockvogel“ eingerichtet. In einer Auswertung Mitte 2014 listete die Verbraucherzentrale auf, wer besonders häufig Kunden mit nicht mehr vorrätigen Angebote ärgert. Die meisten Lockvogel-Beschwerden gab es demnach gegen Netto (697), gefolgt von Lidl (570). Aldi Süd kam auf 359, Aldi Nord auf 373. Aldi Süd hat es zuletzt am 1. Oktober mit dem nicht mehr verfügbaren Samsung Galaxy S3 mini in das Forum geschafft.