Washington/New York. In den USA erreicht die Kältefront jetzt die großen Städte der Ostküste. Der eisige Wind verursacht merkwürdige Rekorde, legt das öffentliche Leben lahm und kostete bereits mehrere Menschenleben. Nicht einmal das sonnenverwöhnte Florida ist jetzt noch ein sicherer Zufluchtsort.

Die schlimmste Kältewelle seit 20 Jahren lässt Millionen Amerikaner weiter zittern. Die Meteorologen sagten für die Nacht zum Dienstag neue Minusrekorde auf den Quecksilbersäulen voraus, nachdem ungewöhnlich große Teile der Bevölkerung bereits am Montag gefühlte Temperaturen von 40 Grad minus und tiefer erlebt hatten. Und lähmte die arktische Kälte bisher vor allem das Leben im Mittleren Westen, erreichte die Kaltfrontspirale in der Nacht auch den dichter besiedelten Nordosten der USA.

So erwartete die Millionenmetropole New York binnen 24 Stunden einen dramatischen Temperatursturz von milden zwölf Grad Celsius auf minus 14 Grad. Auch in den Neuengland-Staaten riefen die Behörden die Bevölkerung auf, sich auf beißende Kälte und eisige Windböen vorzubereiten. Sogar das wärmeverwöhnte Florida war betroffen. Über den Norden des Staates hinaus drohte Nachtfrost.

Der Wind verschlimmert das Frost-Gefühl

Die Einwohner von New York wurden gewarnt, dass der heftige Frost gepaart mit eisigen Windböen die gefühlte Temperatur auf minus 31 Grad Celsius sinken lassen könnte. Der viele in den vergangenen Tagen gefallene Schnee, gerade erst teilweise getaut, wird laut Vorhersage zu einer dicken Eisdecke zusammenfrieren. Bürgermeister Bill de Blasio, gerade erst seit einer Woche im Amt, der Streudienst der Stadt und die Transportbehörden bereiteten sich auf eine Ausnahmesituation vor.

Ein Minusrekord werde aber wohl nicht aufgestellt werden, sagte Pat Maloit vom US-Wetterdienst der "New York Times". Aber so ein Temperatursturz sei "sehr, sehr selten".

Am Südpol ist es jetzt kuscheliger als in Montana

Insgesamt waren am Montag mehr als 140 Millionen Amerikaner von der Kältewelle betroffen - mehr als ein Drittel des Landes. In Atlanta im südlichen Bundesstaat Georgia etwa war es am Montagmorgen kälter als in der russischen Hauptstadt Moskau. In Montana betrug die gefühlte Temperatur am Montag minus 53 Grad Celsius, am Südpol waren es minus 34 Grad. Nach Medienberichten starben binnen weniger als einer Woche mindestens ein dutzend Menschen an den Folgen der Kältewelle.

Entwarnung gab es vorerst nicht. In mehreren Metropolen - darunter Chicago - sollen auch am Dienstag die Schulen geschlossen bleiben. Vielerorts riefen die Behörden die Bevölkerung auf, sich mit Lebensmitteln einzudecken und das Haus nur in Notfällen zu verlassen.

Die Kälte behindert auch die Raumfahrt

Wegen der arktischen Temperaturen sind in den USA am Montag mehr als 4300 Flüge gestrichen worden. Weitere 6500 Flüge seien verspätet gewesen, meldete die Website flightaware. com. Die Kältewelle traf sogar die Raumfahrt. Wie die Weltraumbehörde Nasa mitteilte, wurde der Start des privaten Raumfrachters "Cygnus" zur Internationalen Raumstation ISS wegen der eisigen Temperaturen um mindestens einen Tag verschoben. Er soll jetzt frühestens am Mittwoch auf dem Weltraumbahnhof der Wallops Flight Facility im US-Staat Virginia abheben.

Auslöser der Kältewelle ist ein gigantischer Luftwirbel über Kanada. Er drückt derzeit Polarluft tief in die Vereinigten Staaten. Die klirrende Kälte dürfte auch in den kommenden Tagen weite Teile des Landes östlich der Rocky Mountains im Griff halten. (dpa, afp)