Essen. Der Markt für klassische Autos in Deutschland boomt ungebremst. Liebhaber-Fahrzeugen wie dem alten Mini steht eine große zweite Karriere bevor.
Die Neuwagen, die während der ersten Techno Classica 1989 einen großen Bogen um die Oldtimermesse in Essen fuhren, sind 26 Jahre später Youngtimer mit Perspektive auf eine hohe Wertsteigerung und gelten als kommende Klassiker. „Classic Data“ aus Bochum, der führende Marktbeobachter für altes Blech auf Rädern, hat für diese Zeitung 15 Autos aus den Anfangsjahren der „Techno“ zusammengestellt, bei deren Kauf man nichts falsch machen kann – zumindest was ihre Zukunftsaussichten als Wertanlage angeht.
Eine Garantie gibt es nicht
Falsch machen kann man beim Autokauf natürlich immer jede Menge von Dingen, besonders bei älteren Exemplaren, und bei der Wertanlage geht es um Aussichten, nicht um Garantien. Um es klar zu sagen: Auch ein Oldtimer, der nicht fährt, kostet: Garage, Versicherung, Pflege und Wartung, mindestens 1000 Euro im Jahr muss man einplanen. Was beim Multi-Millionen-Wert einer fahrenden roten Mauritius, sprich einem Ferrari, nichts ausmacht, bei einem Brot- und Butter-Mobil wie einem Golf GTI den Wertzuwachs jedoch komplett auffrisst – und das garantiert.
Wie bei anderen Sammelobjekten, etwa für Album oder Wand, sollte man auch beim alten Auto Wert darauf legen, dass es das Objekt der persönlichen Begierde ist – beim einen der Mini, beim anderen der Benz, beim nächsten das Cabrio. Die Freude über den mit ziemlicher Sicherheit ausbleibenden Wertverlust gibt es gratis dazu.
Das 400.000 Fahrzeug mit einem H-Nummernschild
Bei jedem Sammlerstück treiben bestimmte Faktoren den Preis und die Aussichten, in erster Linie Seltenheit und Exklusivität, was oft dasselbe ist. Wer also einen kleinen Peugeot 205 toll findet, der sollte sich für einen der raren GTI entscheiden. Oder beim alten Mini für die allerletzte Baureihe. Die ersten Exemplare erreichen oft im späteren Leben Kultstatus, also her mit dem ersten Fiat Panda oder – Tipp des Autors – dem ersten Renault Twingo.
Keiner weiß genau, wann und wo, aber in diesem Jahr wird in Deutschland das 400 000. Kraftfahrzeug mit einem H-Nummernschild bestückt. Das „Historische Kennzeichen“, bei dem an eine normale Buchstaben- und Ziffernfolge am Ende ein H folgt, erlaubt den Betrieb von mindestens 30 Jahre alten Fahrzeugen zum pauschalierten ermäßigten Kraftfahrzeugsteuersatz (für Pkw 191 Euro im Jahr) – und die Einfahrt in jede Umweltzone. Gerade dies ist im Ruhrgebiet von unschätzbarem Wert, da hier praktisch überall eine Umweltplakette notwendig ist.
Oldtimer kauft man bei klarem Verstand
Bevor wir zu den Klassikern von morgen kommen, nur ein Rat: Oldtimer kauft man zwar mit dem Herzen, aber bei klarem Verstand. Auf jeden Fall sollte man Leute fragen, die sich mit dem Wunschtyp bestens auskennen, neben spezialisierten Werkstätten in erster Linie die Experten der vielen Markenclubs. Blind vor Liebe haben schon viele den erstbesten Trümmerhaufen mit nach Hause gebracht. Bei solchen rollenden Groschengräbern hilft auch kein Wertzuwachs, von Ferrari & Co. einmal abgesehen. Da ist häufig die Fahrgestellnummer mehr Wert als die Summe der Einzelteile, was immer wieder auch Fälscher auf den Plan ruft.
Bei Autos mit mindestens drei Jahrzehnten auf den Kotflügeln hat sich natürlich bereits der Rost vom Blech getrennt. Kein Wunder, dass in den Top Acht der H-Kennzeichenträger (siehe Tabelle unten) fast nur damals relativ langlebiges deutsches Material steht: VW Käfer und Bulli, Porsche 911, der Rest Mercedes. Dahinter kommt inzwischen eine Phalanx beliebter Ausländer, angeführt vom MG B über Volvos Amazon bis zu Mustang und Chevrolet Corvette aus den USA. Und irgendwann zum 60. Classica-Geburtstag vielleicht ein jetzt gerade aktueller Golf VII, von dem es 2049 heißen könnte: der letzte Golf in der Ära des Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn. Und den kauft man dann in 30 Jahren am besten als Elektroauto.