Sechsjährige ist wohl das jüngste Opfer von der Costa Concordia
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Essen/Giglio.. Die Tragödie vor der Insel Giglio - jetzt erhalten die Opfer Namen, Gesichter. Das Drama der Costa Concordia - Kapitän Francesco Schettino galt als Draufgänger. Jetzt nennen sie ihn „Capitano Dilettante“.
Seit Mittwoch haben die Vermissten der „Costa Concordia“ Namen. Erika steht auf der Liste, die peruanische Kellnerin (26) im knallgelben „Costa“-Shirt. Ihr Kollege Russell Rebello aus Indien, dessen Eltern inzwischen auf Giglio eingetroffen sind. Barbara und Jerry Heil aus Minnesota, die jetzt, mit 70 und vier erwachsenen Kindern, endlich reisen wollten. Giuseppe, 30, Drummer der Bordband „Dee Dee Smith“, der Angst hat vor Kälte und Dunkelheit – und trotzdem für ein Kind seinen Platz im Rettungsboot räumte. Mylène, 23, und Mickeal, 25, die noch eine SMS an die Familie in Frankreich schickten: „Alle drängeln, Mist.“
Es fehlt der Franzose Francis, der seiner Frau die Rettungsweste überließ. Maria, 30, die auf Hochzeitsreise war. Die kleine Daiana aus Rimini, jüngstes Opfer wohl; die Sechsjährige war glücklich mit Papa William an Bord gegangen, und nun erzählte jemand der Mutter, wie beide rutschten, über das schiefe Deck ins Meer. Am Abend identifzieren sie Sandor aus Ungarn, er ist einer der fünf Toten, die die Retter am Dienstag ausgerechnet am Notfallsammelpunkt auf Deck 4 geborgen haben. Der 38-Jährige war Violinist im „Bianco Trio“ – und man denkt unweigerlich an das Salonorchester der „Titanic“.
Der Kapitän, ein "Draufgänger" und "Bösewicht"
Und dann die Deutschen. Zwölf sollen es jetzt noch sein. Die Werps vom Ibbenbürener Stadtrand. Das Ehepaar Ganz. Siglinde, Inge, Margarethe, allesamt Rentnerinnen, die auf Kreuzfahrt gegangen waren. In Nürnberg bangt eine Frau um ihre Reisebegleiterin Gabriele, die am Schlauchboot drei Rollstuhlfahrer vorließ. Plötzlich „ging es nur abwärts, und dann stand das Wasser schon vor uns“, erzählt die Freundin. Seitdem ist Gabriele (53) weg.
Wie auch Egon Hör aus Maintal, 74. In der Not kletterte seine Frau (65) eine Wand hoch, „jeder, der gerettet wurde, hat sich selbst gerettet“. Sie musste der Polizei jetzt Bilder ihres Mannes geben und Abdrücke von seinem Gebiss. Vielleicht ist er unter den bislang elf Toten. Aber so lange die nicht identifiziert sind, gilt ihr Egon als vermisst. Waltraud hat die Hoffnung aufgegeben. Wenn Herr Hör bis Samstag nicht wieder da ist, will sie den Kapitän der „Costa Concordia“ wegen Mordes anzeigen.
Dieser Kapitän: „Capitano dilettante“ titelte eine Zeitung über Francesco Schettino, der in seiner richterlichen Vernehmung nun eine atemberaubende Geschichte erzählte: Er sei versehentlich ins Rettungsboot gefallen. Wie aber kamen dann seine Offiziere an seine Seite? Andere Kollegen berichten über ihren Chef, dass er ein „Draufgänger“ sei, einer, der „auch einen Bus wie einen Ferrari fahren würde“.
Dreimal mit der Reederei telefoniert
Ein „Bösewicht“, sagt Staatsanwalt Francesco Verusio, der mit der Entscheidung, den Kapitän in Hausarrest zu entlassen, gar nicht einverstanden ist. „Kein Krimineller“, kontert Verteidiger Bruno Leporatti am Mittwoch. Auch als Feigling habe er seinen Mandanten nicht kennen gelernt. Sicher habe der 51-Jährige einen Fehler gemacht, räumt der „Avvocato“ ein, er sei „leichtsinnig“ gewesen. Aber ob Schettino die Verantwortung allein trage?
Das will auch die Richterin wissen. Denn immerhin telefonierte Schettino vor dem Notruf dreimal mit seiner Reederei – welche Anweisungen gab es von dort? Die der Küstenwache, zurückzukehren, hat Schettino jedenfalls ignoriert. Deren Kommandant Gregorio de Falco bereitet das schlaflose Nächte: „Das ist schlimmer, als zu desertieren.“
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