Heppenheim..

Der Missbrauchsskandal an der Odenwaldschule im südhessischen Heppenheim schlägt hohe Wellen. 24 Ex-Schüler haben sich bisher als Opfer gemeldet. Drei ehemalige Lehrer sollen in den Missbrauch verwickelt gewesen sein.

Die Darmstädter Staatsanwaltschaft hat wegen sexuellen Missbrauchs Ermittlungen gegen zwei Lehrer aufgenommen. Einer von ihnen sei namentlich bekannt, der zweite noch unbekannt, hieß es am Montagabend. Am Wochenende war unter anderem bekanntgeworden, dass ein früheres Ermittlungsverfahren gegen einen ehemaligen Schulleiter wegen Verjährung eingestellt worden war.

An der Odenwaldschule haben sich bislang 24 ehemalige Schüler als Missbrauchsopfer gemeldet. In die Fälle seien nach bisherigem Kenntnisstand drei ehemalige Lehrer verwickelt, sagte Schulleiterin Margarita Kaufmann am Montag auf einer Pressekonferenz in Heppenheimer Stadtteil Ober-Hambach in Südhessen.

Es handele sich um einen ehemaligen Schulleiter und zwei weitere Pädagogen, von denen einer inzwischen verstorben sei. “Leider müssen wir davon ausgehen, dass da noch etwas kommt“, sagte Kaufmann: „Das Telefon steht nicht mehr still.“ Zahlreiche ehemalige Schüler würden sich derzeit bei der Schule melden.

Entschuldigung im Namen der Schule

Die bislang bekannten Fälle erstreckten sich zumindest auf die Jahre 1970 bis 1985. Möglicherweise hätten sich einzelne Missbrauchsfälle auch noch Ende der 80er Jahre ereignet. Einer der beschuldigten Lehrer habe die Schule 1990 verlassen.

Die Direktorin entschuldigte sich im Namen der Odenwaldschule bei den Opfern: „Wir als Institution verantworten das, was in dieser Schule geschah.“ Das Leid der Vergangenheit könne niemand ungeschehen machen, aber die Verantwortlichen der Schule wollten deutlich machen, dass ihnen das Leid bewusst sei.

Schule richtet Hotline ein

Kaufmann kündigte an, die Schule werde eine Hotline einrichten, bei der sich betroffene Ex-Schüler an Lehrer wenden könnten. Zudem habe die Schule am Montag Briefe an alle 900 ehemaligen Schüler geschickt, die in den fraglichen Jahrzehnten die Reformschule besucht hätten.

In die Aufarbeitung werde als Unabhängige auch die Wiesbadener Rechtsanwältin Claudia Burgsmüller eingeschaltet. Auch bei ihr könnten sich Betroffene melden.Die Schulleiterin sagte, sie stehe in Kontakt mit der hessischen Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP). Sie befürchte nicht, dass der Privatschule die staatliche Lizenz entzogen werde. Auch wenn bei einem derart engen Zusammenleben von Lehrern und Schülern Missbrauch nie ganz auszuschließen sei, gehe sie davon aus, dass es an der Odenwaldschule derzeit keine derartigen Übergriffe mehr gebe.

Direktorin will Neuwahlen des Vorstands

“Eine Institution in der Krise braucht eine starke Führung“, sagte Kaufmann. Deshalb habe sie dem Vorstand der Schule, dem sie selbst auch angehöre, den Rücktritt empfohlen. Das schließe nicht aus, dass die Mitglieder des Vorstands sich neu zur Wahl stellen könnten. Ende März werde es eine Sitzung des Trägervereins geben, bald danach auch eine außerordentliche Mitgliederversammlung.

Die Odenwaldschule wurde 1910 von dem Reformpädagogen Paul Geheeb gegründet. Das religiös ungebundene Landschulheim, in dem Jungen und Mädchen gemeinsam unterrichtet werden, galt vor 100 Jahren als revolutionär. Die Privatschule wird derzeit von 225 Schülerinnen und Schülern aus Deutschland und dem Ausland besucht. (apn)