Köln.. Am Donnerstag bei ZDFneo, am Freitag im ZDF – Jan Böhmermann bittet zu “Neo Magazin Royale“. Ein Interview über Retro, HipHop und das Unerwartete.
Ortstermin im Kölner Studio. Von außen ein unspektakulärer Flachbau, von innen TV-Technik vom Feinsten, mitten drin Jan Böhmermann im lässigen Räuber-Zivil und sein musikalischer Mitstreiter Dendemann. Wir sitzen im Besprechungszimmer, das so aussieht, als hätten Böhmermann & Co. gerade einen Antik-Händler ausgeraubt. Ein kurzer Check der Diktiergerät-Funktion des Smartphones (da legt Böhmermann großen Wert drauf) – und los geht’s.
Welchen Vorlauf hatte das neue Format?
Jan Böhmermann: Die ersten Überlegungen gab es im vergangenen Frühjahr, richtig los ging es im Sommer. Wir bauen seit Ende September.
Waren Sie an der Konzeption des Studios beteiligt?
Böhmermann: Nicht direkt. Wir haben uns zusammengesetzt. Wir haben darüber gesprochen: Was brauchen wir? Und dann haben wir ein Design-Team – zwei Leute – zusammengestellt, Michael König und Daniel Becker. Die beiden haben schon unsere anderen Studios entworfen, die können das richtig gut.
Was ist dabei rausgekommen?
Böhmermann: Das Studio ist echt ein Ding.
Optisch könnte man denken, Sie sind auf dem Holzweg.
Böhmermann: Wir setzen als einzige Sendung des deutschen Fernsehens auf Holz, aber technisch ist das Studio extrem weit vorne. Und wir verwenden einen Vorhang, den wir uns haben nähen lassen. Den hat der Chef der Bühnenbauer selbst aufgehängt, weil er zuletzt vor 35 Jahren, in seiner Lehrzeit, fürs Fernsehen einen Vorhang aufgehängt hat. Es gibt – außer bei uns – keinen Vorhang mehr im deutschen Fernsehen.
Holz steht für Retro. Darf ich vom Design auf das Konzept der Show zurückschließen?
Böhmermann: Man kann nicht immer etwas Neues erfinden, man muss auch mal Dinge von früher nehmen. Wir nehmen alte Ideen und interpretieren sie neu.
Dendemann: Worauf man sich bezieht, ist natürlich eine Altersfrage.Wir zitieren die drei Jahrzehnte, die wir selbst miterlebt haben: das Fernsehen der 70er mitsamt den Vorhängen, den 80er-Kitsch und den HipHop der 90er. Wir gehen rosinenpickermäßig vor – wir nehmen nur das, was uns gefällt.
Böhmermann: Letztlich ist ja auch die Show eine alte Form. Machen wir uns nichts vor: „Neo Magazin Royale“ ist eine ganz klassische Late-Night-Show. Das hat Schmidt gemacht. Schmidt hat es von Letterman. Letterman hat es von Carson. Carson von Jack Paar. Wir haben Gäste, mit denen wir über Belangloses oder Wichtiges sprechen und machen da was draus, meist was Komisches. Und wir überraschen Leute, und zwar aus einem positiven Grundgefühl heraus. Aber machen wir uns nichts vor: Leute überraschen – das hat Rudi Carrell schon gemacht. Und sich vor Leute stellen und Gags erzählen – das hat Kuli gemacht. Und Gottschalk. Und Harald Schmidt.
Nach dem Ende der „Harald Schmidt Show“ bei Sky sah es so aus, als sei das der Tod der deutschen Late-Night-Show. Was meinen Sie?
Böhmermann: Keiner kann Late-Night-Show so wie Harald Schmidt. Andererseits: Keiner kann meine Sendung so machen wie ich, wie man die Show und mich auch finden mag. Wenn man das Zeitgeschehen in seiner Sendung bearbeitet, ernsthaft oder humoristisch, wird es immer sehr individuell.
Manche politische Debatte trägt im Augenblick verspannte Züge. Kann man da Humor-Funken raus schlagen?
Böhmermann: Das ist eigentlich eine ganz dankbare Ausgangslage für Humor. In so einer Situation ist Entspannung wichtig. Da hat Humor eine entlastende, eine reinigende Funktion. Das macht Sinn. Durch Humor schiebt man Stressiges von sich weg und lässt es erst wieder an sich heran, wenn man möchte.
In der Show gibt es auch Musik...
Dendemann: ...aber nicht wie bei Harald Schmidt...
...es gibt keinen Helmut Zerlett...
Dendemann: ...und es gibt keine Hammond-Orgel.
Stattdessen gibt es HipHop. Ist das alles live?
Dendemann: Ja. Aber als musikalischen Direktor würde ich mich nicht bezeichnen. Ich bin nur fürs Kreative und die Texte zuständig.
Böhmermann: Im deutschen Fernsehen gibt es nur noch zwei Show-Bands, die live spielen – bei Stefan Raab und bei uns. Aber bei uns werden keine Gags abgetuscht.
Dendemann: Wir kannten uns flüchtig von „Roche & Böhmermann“. Jan hat, als es mit „Neo Magazin Royal“ ernst wurde, bei mir angefragt und mir seinen Anspruch erklärt. Er wollte eine schon existierende Band mit einem profilierten Künstler. Es sollte mehr sein als nur eine professionelle Show-Band.