Bangkok. Der Absturz des russischen Passagierjets über Indonesien bedeutet einen herben Rückschlag für die russische Luftfahrtbranche. Die Ingenieure hatten große Hoffnungen in den Superjet gesteckt. Verursachte ein technischer Fehler den Absturz, bei dem über 40 Menschen starben, droht dem Projekt das Aus.
Tragisches Ende: Eine Lusttour mit dem ersten neu entwickelten russischen
Passagierjet seit dem Zerfall der Sowjetunion endete am Mittwoch an dem nahezu
senkrecht abfallen Steilhang des Vulkans Salak in Indonesien und dem Tod von
über 40 Personen an Bord. Luftaufnahmen zeigen Reste des Wracks, die in 1800
Meter Höhe eine lehmfarbene Narbe in den mit dichtem Grün bestandenen, nicht
aktiven Vulkan in etwa 64 Kilometer Entfernung von der indonesischen Hauptstadt
Jakarta.
Rettungsmannschaften, die nach langer Suche zu den Trümmern
vorstießen, fanden nur Tote. Doch auf sozialen Netzwerken finden sich zahlreiche
Erinnerungen an die letzten Minuten im Leben fröhlich gesonnener Passagiere. Die
Opfer stellten Erinnerungsfotos, die sie kurz vor Abflug geschossen hatten, zur
Verfügung - kurz bevor ihr Flugzeug gegen Berg
krachte und zerschellte.
Die meisten Opfer sind Vertreter indonesischer Fluglinien
Bei den meisten Opfern handelt es sich um Vertreter lokaler,
indonesischer Fluglinien, die am Kauf des rund 35 Millionen US-Dollar teuren
Jets interessiert waren. Außerdem waren ein paar Journalisten an Bord, die zu
Zwecken der Berichterstattung mitflogen. Ein Amerikaner, der die zivile
Luftfahrtabteilung des Herstellers Sukhoi leitete, gehört ebenfalls zu den
mutmaßlichen Opfern.
Die Bergungsarbeiten gestalten sich kompliziert. Nach gegenwärtigen
Plänen sollen die Tote in Netze gelegt werden, die dann von Hubschraubern
abtransportiert werden. Allerdings müssen die Rettungsflüge, die Personal in das
unwegsame Gelände bringen und die Toten wegbringen sollen, wegen des schlechten
Wetters immer wieder verschoben werden.
Pilot bat kurz vor dem Absturz darum, die Flughöhe ändern zu dürfen
Ob der russische Pilot, der am Mittwochmorgen bereits einen
Demonstrationsflug ohne Zwischenfälle absolviert hatte, Sturm und Regen nicht
gewachsen war, muss nun eine Untersuchung zeigen. Bislang ist lediglich bekannt,
dass der Pilot kurz vor dem Absturz per Funk um die Erlaubnis gebeten hatte, die
Flughöhe von 3000 Meter auf 1800 Meter zu senken. Der Gipfel des Salak ist 2200
Meter hoch und es gibt bislang keine öffentliche Erklärung, ob die Genehmigung
für die Veränderung der Flughöhe trotz des gefährlichen Vulkans und anliegender
Höhenzüge gegeben wurde.
Für die Erbauer des Flugzeugs konnte es nicht schlimmer kommen. Die
Sukhoi Superjet 100, die in Kooperation mit den französischen High-Tech-Firmen
Thales und Safran entwickelt wurde und deren Marketing von der italienischen
Firma Finmeccanica geleistet wird, soll der russischen Luftfahrtindustrie in
luftige Höhen helfen. Rund 1000 Exemplare des Jets, so die Pläne, sollen
verkauft werden. Bislang gibt es Kaufanfragen für 170 Jets und drei lokale
indonesische Fluglinien haben bereits knapp 50 Maschinen bestellt. Sie werden
durch den günstigen Preis angelockt, der mit 35 Millionen US-Dollar für den
zweistrahligen Jet deutlich billiger ausfällt als vergleichbare Modelle der
kanadischen Marktbeherrscher Bombardier und Embraer in Brasilien.
Droht das dem russischen Superjet das aus?
Das tragische Ende der Maschine zu etwa der Hälfte einer 15 000
Kilometer langen Verkaufstour durch sechs asiatische Länder droht nun die
hochfliegenden Pläne des russischen Hersteller gut 20 Jahre nach der Ende der
Sowjetunion und der sowjetischen Luftfahrtindustrie im Jahr 1991 vorzeitig den
Garaus zu machen. Bisher war der Superjet möglichen Käufern in Zentralasien und
Pakistan präsentiert worden. Neben Indonesien standen noch Laos, Vietnam und
Birma auf dem Programm. Jetzt haben sich die Prioritäten geändert. Statt dem
Verkauf steht die Klärung der Unfallursache im Vordergrund. Die Ingenieure von
Sukhoi beten, dass es sich bei dem Absturz um einen Pilotenfehler handelte.