München/Dortmund.. Als bisher einzigem deutschsprachigen Wrestler gelang Claudio Castagnoli der Sprung in die US-Szene. In Kürze vermöbelt er seine Gegner in Dortmund.
Eigentlich ist er ein ganz Lieber. Er lacht gern, seine Stimme klingt gut gelaunt, Claudio Castagnoli ist offenkundig eine Frohnatur. Der gebürtige Schweizer kann aber auch anders. Im Ring wechselt der Wrestler seinen Namen – und seine Identität. Als Cesaro vermöbelt der 34-Jährige seine Gegner nach allen Regeln der Kunst. Und dabei guckt er grimmig. Seine Fans lieben ihn dafür. Am Freitag, 17. April, kommen Cesaro und seine Muskelmänner in die Dortmunder Westfalenhalle. In die große Westfalenhalle. Wrestling gilt inzwischen auch in Deutschland als großes Geschäft.
Wrestling heißt Ringen. Doch mit Griechisch-Römisch hat Wrestling wenig zu tun, dafür umso mehr mit Kämpfen von Superhelden der Marvel-Comics. Wrestling ist Show. Die Sieger stehen vorher fest. Die Kämpfe folgen einer festgelegten Dramaturgie. Stefan Kastenmüller vom Veranstalter WWE: „Der Böse tritt gegen den Guten an. Das Ganze wird oft auch mit Dialogen zwischen den rivalisierenden Superstars aufgebaut. Dann gibt es die eingebauten, hochathletischen Kämpfe im Ring.“
Seine Karriere begann in Essen
Dabei geht es handfest zur Sache. Als Cesaro, beispielsweise, vor vier Jahren gegen seinen Kollegen Mark Henry zum Armdrücken antrat, hechtete der Mann aus Luzern schließlich über den Tisch, riss seinen Gegner zu Boden und kippte obendrein das Möbelstück um – ein schweres Trum.
Cesaro zählt zu den Schurken. Die dunkle Seite der Macht fasziniert. Der 1,96 Meter große Haudrauf hat mehr als 1,3 Millionen Fans bei Facebook. Er zählt weltweit zu den Top 30 seiner Zunft. Als einzigem deutschsprachigen Kämpfer gelang ihm der Durchbruch in den USA. Als der liebe Gott das Selbstbewusstsein verteilte, gab er Castagnoli offenbar eine doppelte Ration. Er bestreitet das nicht.
Für Castagnoli ging ein Traum in Erfüllung. „Ich war schon als Kind Fan“, erinnert sich der 105-Kilo-Hüne. „Und ein paar Jahre später habe ich herausgefunden, dass es in der Schweiz eine Schule für Wrestling gibt.“ Seinen ersten Kampf bestritt Castagnoli vor 15 Jahren ausgerechnet Heiligabend in der Essener Disco „Roxy“. Doch er wusste: Eine ganz große Karriere, in Hallen ohne Tabak-Mief, ist nur in den USA möglich. Denn dort gilt Wrestling als große Familien-Attraktion.
In den USA lässt er den Europäer raushängen
Castagnoli seinerseits entpuppte sich in US-Ringen als Attraktion. Da der fünfsprachige Athlet weiß, dass sein Englisch nie akzentfrei wird, betont er in den Vereinigten Staaten seine europäische Herkunft. Der Freund von Zürcher Geschnetzeltem inszeniert sich als gebildet, als Mann mit Geschmack. Im Ring heißt das: Cesaro verzichtet, im Gegensatz zu vielen Kollegen, auf wilde Gesichtsbemalung und Masken, die ihn als Mutant erscheinen lassen.
Dass Wrestling auch in Deutschland boomt, hat mit einer veränderten Marketing-Strategie von WWE zu tun. Im Vorjahr gab es der Szene Auftritt, als sich Hoffenheims Torwart Tim Wiese als Freund der Muskelmänner zu erkennen gab. Mehr aber zählt TV-Präsenz. Lange war Wrestling nur im Bezahlfernsehen zu sehen.
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Obwohl die TV-Plattform Sky wächst, erkannte Wrestling-Manager Kastenmüller, dass selbst frei empfangbare Kleinsender wie Tele 5 oder ProSieben Maxx seinen Schützlingen deutlich mehr Aufmerksamkeit bescheren. Wöchentliche Sendung wie „Raw“ und „Smackdown“ trugen dazu bei, dass Wrestling inzwischen vier von zehn Deutschen ein Begriff ist – Tendenz steigend.
Der Schweizer will seine Karriere vorerst im Ring fortsetzen
In den USA hat es Wrestling sogar ins Kino geschafft – Mickey Rourke sei Dank. Hollywoods einstmals böser Bube war vor Jahren „The Wrestler“ (Titel) – ein Haudegen, der es auf seine alten Tage noch mal wissen wollte. Castagnoli war dabei. „Ich bin für eine Sekunde zu sehen“, erzählt der Filmfan amüsiert, „in meinem klassischen schwarzen Wrestling-Outfit.“
Aber auch einem echten Wrestler gelang der Sprung ins Filmgeschäft: Dwayne „The Rock“ Johnson. Ohne ihn namentlich zu nennen, ist er Castagnolis Vorbild für die Zeit nach den kräftezehrenden Kampfshows.
Doch im Moment will der Vollbartträger nichts von Film-Projekten wissen. „Meine WWE-Karriere steht im Vordergrund“, sagt er entschieden. Tatsächlich gibt es für ihn keinen triftigen Grund, seinen Plan zu ändern: Seine Karriere läuft. Dazu kommt: „Glücklicherweise habe ich mir noch nicht wirklich was gebrochen.“ Bänderdehnungen und blaue Flecken gehören zum Geschäft: „Das muss man wegstecken.“