Koblenz. Der Prozess gegen Detlef S., den Kinderschänder von Fluterschen, geht zu Ende. Am Dienstag, 22. März, wird das Urteil erwartet.
Es war das Mindeste, auf das seine Stiefkinder einen Anspruch hatten: Dass Detlef S. (48) öffentlich seine Schuld auch ihnen gegenüber eingestand und sie nicht mehr als Lügner hinstellte. Zu diesem Schritt rang der Kinderschänder aus Fluterschen sich am Montag vor dem Landgericht Koblenz durch. Wenn auch nicht mit eigener Stimme.
Verteidiger Thomas Düber, der in seinem Plädoyer später neuneinhalb Jahre Haft ohne Sicherungsverwahrung forderte, übernahm das „vollständige Geständnis“. Detlef S. nutzte dagegen nur sein letztes Wort, um selbst die Stimme zu erheben. Unter Tränen, stellenweise kaum zu verstehen, bat er seine Opfer um Verzeihung: „Es tut mir wirklich leid. Mehr habe ich nicht zu sagen.“ Tränen eines Mannes, der selbst vor Jahren kein Mitleid hatte, als seine Tochter Jasmin (18) und Stieftochter Natascha (28) beim Missbrauch durch ihn vor Schmerzen und Ekel weinten und schrien. Und den die Tränen der Töchter nicht rührten, als fremde Männer sie mit Gewalt missbrauchten. Geld hatte er dafür kassiert, saß ungerührt daneben und drehte sich eine Zigarette.
Tiefgreifende Reue nicht zu erkennen
Vor diesem Hintergrund beeindruckte das erweiterte Geständnis die Prozessbeteiligten nicht sonderlich. Zuvor hatte Detlef S. nur den Missbrauch seiner leiblichen Tochter Jasmin eingestanden. Jetzt gab er über seinen Anwalt zu, auch Stieftochter Natascha und deren Zwillingsbruder Björn sexuell missbraucht zu haben.
„Ich glaube, mich falsch verhalten und unendliches Leid über die Opfer gebracht zu haben“, las Verteidiger Thomas Düber vor. Er habe sich „schäbigst benommen“, heißt es weiter im Geständnis. Und: „Ich weiß, dass ich das, was ich meinen Kindern angetan habe, nie wieder gut machen kann.“
Psychiater Gerhard Buchholz sah trotz des Geständnisses keinen Anlass, seine Einschätzung des Angeklagten als emotionslos und gefährlich zu korrigieren. Tiefgreifende Reue könne er in dem Geständnis aus psychiatrischer Sicht nicht erkennen. Staatsanwalt Thorsten Kahl ließ sich ebenfalls nicht umstimmen: „Es ist der klassische Fall eines taktischen Geständnisses in letzter Minute.“
Offenbar war das Geständnis der Versuch, die Justiz milder zu stimmen. Vierzehneinhalb Jahre Gefängnis mit anschließender Sicherungsverwahrung hatte der Koblenzer Ankläger gefordert.
Schwierige
Verhältnisse
Ihm war es dabei schwer gefallen, auch positive Seiten des Angeklagten zu sehen, der laut Gutachter um seine 17-köpfige Familie eine „Mauer des Schreckens und der Angst“ errichtet hatte. So fiel dieser Part dem Verteidiger zu. Keine leichte Aufgabe. Thomas Düber warnte vor populistischen Forderungen nach einem „Wegsperren für immer“. Er erinnerte an die leibliche Tochter Jasmin, die mit ihrer Aussage im Prozess überraschend gesagt hatte, sie liebe den Angeklagten immer noch und hasse ihn nicht. Dass er ihr auch ein guter Vater gewesen sei, hatte sie bemerkt. „Sie zeigt, dass hier auch ein Mensch sitzt“, kommentierte Düber.
Die Taten des Angeklagten, der nicht nur seine Kinder missbraucht, sondern mit seiner Stieftochter auch noch acht Kinder gezeugt hatte, seien für Außenstehende nicht nachvollziehbar, gestand Düber zu. Aber der Mandant stamme aus schwierigen Verhältnissen, habe seine Eltern früh durch Tod verloren und seine Ehefrau aus der Obdachlosigkeit heraus kennengelernt. Düber: „Diese Jahre machten ihn zu dem, was er ist.“ Strafmildernd müssen nach Ansicht des Verteidigers auch die schwierigen Haftbedingungen eines derart bekannten Kinderschänders berücksichtigt werden: „Mitgefangene drohen, dass sie ihn von oben nach unten aufschneiden.“ Aus Sicherheitsgründen werde Detlef S. von anderen Gefangenen getrennt, sei ständig isoliert: „Erstmals erfährt er selbst, ein Opfer zu sein.“
Ein Prozess
des Umdenkens
Anwalt Düber hat sogar Hoffnung, dass „der Horrorvater, das Monster“ irgendwann einmal die Haftanstalt resozialisiert verlassen dürfe. Das Strafverfahren und die Berichterstattung in den Medien hätten beim Angeklagten einen Prozess des Umdenkens angestoßen. Heute will die 4. Koblenzer Strafkammer ihr Urteil verkünden. Es ist zu erwarten, dass Detlef S. danach viel Zeit für die Resozialisierung bleiben wird.