Berlin.. Große Teile der Lehrerschaft in Deutschland beklagen wachsende Belastungen im Beruf und machen dafür vor allem schlechtes Verhalten der Schüler verantwortlich. Das geht aus einer Studie hervor, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Jeder zweite Lehrer ist davon überzeugt, dass Unterrichten in den vergangenen Jahren schwieriger geworden ist.
Mehr als die Hälfte der Lehrer in Deutschland beobachtet einer Allensbach-Umfrage zufolge eine wachsende Leistungskluft zwischen Schülern aus verschiedenen sozialen Schichten. 60 Prozent der befragten Pädagogen sind der Meinung, dass die Leistungsunterschiede zugenommen haben, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Umfrage im Auftrag der Vodafone-Stiftung hervorgeht. Nahezu alle Lehrer (97 Prozent) sind demnach davon überzeugt, dass der soziale Hintergrund des Elternhauses die Leistung der Schüler beeinflusst.
Jeder zweite Lehrer (50 Prozent) ist auch der Ansicht, dass das Unterrichten in den vergangenen fünf bis zehn Jahren deutlich schwieriger geworden ist. Das führen sie größtenteils auf das Verhalten ihrer Schüler zurück. Sie kritisieren dabei unter anderem fehlende Disziplin, Respektlosigkeit, aber auch ein geringes Konzentrationsvermögen und fehlende Motivation. Besonders oft wird dies von Haupt- und Realschullehrern (55 Prozent) hervorgehoben, deutlich seltener dagegen von Lehrern an Gymnasien (34 Prozent).
Lehrer fordern kleinere Klassengrößen
Mehr als ein Drittel der Lehrer (38 Prozent) halten es bei der Bezahlung für gerechtfertigt, dass dabei berücksichtigt wird, ob eine Schule in einem "sozialen Brennpunkt" liegt. Unter Haupt- und Realschullehrern fordert dies sogar fast die Hälfte (46 Prozent). In der Gesamtbevölkerung spricht sich knapp ein Viertel aller Befragten (24 Prozent) für eine "Erschwernis-Zulage" aus.
Für die Zukunft wünschen sich Lehrer vor allem kleinere Klassen. Drei Viertel der Pädagogen (75 Prozent) halten eine Verkleinerung der Schulklassen für die drängendste Maßnahme zur Verbesserung der Situation an deutschen Schulen. Trotz aller Kritik sind die meistern Lehrer aber mit ihrem Beruf zufrieden: Knapp drei Viertel (71 Prozent) aller Lehrkräfte bereitet ihre Arbeit Freude.
Kritik an der Bildungspolitik der Länder
Demgegenüber sieht sich jedoch jeder zweite Lehrer durch das Studium nur unzureichend auf die Schul-Praxis vorbereitet. Konkret kritisieren Lehrer laut der Studie, dass ihnen bei universitären Ausbildung vor allem eine Vorbereitung auf einen angemessenen Umgang mit Schülern beziehungsweise Eltern fehlt. "Besonders gravierend wird der 'Praxis-Schock' von Lehrern unter 35 Jahren (60 Prozent) sowie von Lehrern mit weniger als fünf Jahren Berufserfahrung (62 Prozent) empfunden", heißt es in der Studie.
Ein überwiegend schlechtes Zeugnis stellen Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland der Bildungspolitik in ihrem jeweiligen Bundesland aus. 54 Prozent der Befragten halten die Bildungspolitik für weniger gut bis gar nicht gut. Und was die Vorgaben der zuständigen Behörden angeht, kritisieren 53 Prozent der Befragten, dass die Ministeriums- und Amtsvorgaben dem tatsächlichen Alltag an deutschen Schulen oft nicht gerecht würden. Kritik gibt es auch an der Umstellung vom neun- zum achtjährigen Abitur: 56 Prozent der befragten Lehrer sehen den Übergang in punkto Lehrpläne als unzureichend an. (afp/WE)
Die komplette Lehrer-Studie finden Sie hier.