Duisburg. Konstanze von Schulthess-Rechberg ist die jüngste Tochter Claus Schenk Graf von Stauffenbergs, der den Staatsstreich gegen Hitler plante und ausführte. Geboren wurde sie als Halbwaise in Gefangenschaft.
„Dieser Mann hat Verrat geübt, das Blut ist schlecht, da ist Verräterblut drin, das wird ausgerottet.” Diese hasserfüllten Worte des Reichsführers SS Heinrich Himmler lassen dem Leser auch sechzig Jahre später noch das Blut in den Adern gefrieren. Im Visier der angekündigten Blutrache stand besonders die Familie des Mannes, der vergeblich versucht hatte, den Diktator zu beseitigen. Claus Schenk Graf von Stauffenberg hinterließ seine junge Frau Nina und vier kleine Kinder, als er am 20. Juli 1944 spät abends im Bendler-Block in Berlin erschossen wurde.
Mutter kam ins KZ
Konstanze von Schulthess-Rechberg ist die jüngste Tochter des Hitler-Attentäters. Ihre Mutter war im dritten Monat mit ihr schwanger, als ihr Vater das Attentat verübte. Nina von Stauffenberg wurde in Sippenhaft genommen, kam ins Gefängnis, ins Konzentrationslager. Ihr fünftes Kind Konstanze kam im Januar 1945 in einer Klinik in Frankfurt an der Oder zur Welt, in der sie in Einzelhaft gehalten wurde. Sie musste um ihr Leben bangen und um das ihrer vier Kinder, die - wie die der anderen Verschwörer - in ein NS-Kinderheim nach Bad Sachsa verschleppt worden waren. Ihnen war alles weggenommen worden, was an ihre Eltern erinnerte: Fotos, Briefe, selbst die Nachnamen. Aus den Kleidern wurden systematisch alle Namensschilder herausgetrennt. Erst nach dem Krieg fand die Familie wieder zusammen.
Solch ein Start ins Leben muss eine nie abzuschüttelnde Bürde darstellen, könnte man annehmen. Doch Konstanze von Schulthess-Rechberg sieht ihr Schicksal pragmatisch-positiv. „Ich habe in meiner ganzen Jugend nie aufwachen und meinen Eltern vorwerfen müssen: Warum habt ihr nichts getan”, sagt sie. „Sie haben gezeigt, dass es in Deutschland auch Menschen mit Gewissen gab.”
Gerade heraus soll auch ihr Vater gewesen sein, den sie nie kennen lernen durfte. Sie sieht ihm ähnlich: Groß, schlank, strahlt sie die Aura ihrer aristokratischen Herkunft aus. Auf die Frage, ob sie jemals wegen ihres Vaters Anfeindungen ausgesetzt gewesen sei, antwortet sie klar: „Niemals!” Das könne auch mit ihrer Kindheit und Jugend zu tun haben. „Die erste Zeit nach dem Krieg lebten wir in Lautlingen, das war wie eine Insel.” Das Landschloss in Württemberg gehörte zu den Gütern, die die Familie Stauffenberg schon im 17. Jahrhundert erworben hatte. Das Verhältnis zwischen den Dorfbewohnern und ihrer Familie sei ganz eng gewesen. Später habe sie in Bamberg dieselbe Klosterschule besucht wie vormals ihre Mutter. Eine behütete Kindheit.
Kompromisslos ist Konstanze von Schulthess-Rechberg, wenn es um falsche Bilder ihrer Familie in der Öffentlichkeit geht. So wurde wiederholt ihre Mutter entweder als naive Hausfrau oder als verbitterte Frau dargestellt, die von den Plänen ihres Vaters nichts habe wissen wollen. Um das richtig zu stellen, verfasste Konstanze von Schulthess-Rechberg ein Buch über ihre Mutter, das seit Monaten auf der Spiegel-Bestseller-Liste steht.
Nina von Stauffenberg habe hinter ihrem Mann gestanden, unterstreicht die jüngste Tochter. „Meine Mutter hatte mit meinem Vater abgemacht, dass, wenn es zum Äußersten kommt, sie sich als absolut unwissend darstellt. Das war der Auftrag meines Vaters.” Sie sei eingeweiht gewesen in die Attentatspläne. Allerdings wusste sie nicht, dass ihr Mann selbst das Attentat durchführen würde.
Zeitzeugin im ZDF
Mit der Darstellung ihrer Familie im aktuellen ZDF-Doku-Drama von Guido Knopp ist Konstanze von Schulthess-Rechberg sehr zufrieden. Zusammen mit ihren ältesten Bruder Berthold Graf Stauffenberg und ihrem Cousin Otto Philipp Graf Stauffenberg stand sie dem Team von Guido Knopp als Zeitzeugin zur Verfügung. Das zweiteilige Doku-Drama, das am 13. Janaur im ZDF gesendet wird, versteht sich als Gegenfilm zur Hollywood-Produktion mit Tom Cruise. Die Familie Stauffenberg hat mit dem amerikanischen Film keine Probleme. Zum Ensemble des amerikanischen Films gehört auch Philipp von Schulthess. Der 35-jährige Sohn von Constanze Schulthess-Rechberg spielt die Rolle des Adjutanten Henning von Tresckows.