Wien. Die EU-Agentur für Grundrechte schlägt Alarm: In den EU-Staaten ist einer Studie zufolge jede dritte Frau schon Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt geworden. Unter 20 Frauen wurde im Durchschnitt eine schon einmal Opfer einer Vergewaltigung. Die meisten Fälle wurden in Nordeuropa erwähnt.
In den Staaten der Europäischen Union ist einer Studie zufolge jede dritte Frau schon einmal Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt geworden. Das geht aus der am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) in Wien hervor. 62 Millionen Frauen in der EU seien betroffen. Unter 20 Frauen wurde demnach im Durchschnitt eine schon einmal Opfer einer Vergewaltigung.
Das Ergebnis basiert auf der weltweit größten Erhebung zur Gewalt gegen Frauen. Für die Studie wurden in den 28 EU-Staaten 42.000 Frauen im Alter zwischen 18 und 74 Jahren befragt. Die Fragen bezogen sich auf Erfahrungen und Vorfälle seit dem 15. Lebensjahr.
"Zu viele Frauen leiden in Europa"
"Wir müssen handeln. Zu viele Frauen leiden in Europa", erklärte FRA-Direktor Morten Kjaerum. "Die Ergebnisse dieser Erhebung können und dürfen nicht ignoriert werden. Körperliche, sexuelle und psychische Gewalt gegen Frauen ist eine gravierende Menschenrechtsverletzung, die in allen EU-Mitgliedstaaten anzutreffen ist."
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In den nordeuropäischen Ländern wurden bei den Befragungen die meisten Übergriffe erwähnt. In Dänemark sagt jede zweite Frau von sich (52 Prozent), schon einmal Opfer eines gewalttätigen Übergriffs geworden zu sein, in Finnland liegt die Rate bei 47 Prozent, in Schweden bei 46 Prozent und in den Niederlanden bei 45 Prozent. In Deutschland wurde ein Rate von 35 Prozent festgestellt.
Bei fortgeschrittener Gleichberechtigung wird eher darüber gesprochen
In den südeuropäischen Ländern wurden niedrigere Werte verzeichnet, so jeweils 22 Prozent für Spanien, Zypern und Malta. Die FRA erklärte die Differenz unter anderem damit, dass Frauen in Gesellschaften mit einer weiter fortgeschrittenen Gleichberechtigung eher bereit seien, über gewaltsame Übergriffe zu sprechen und diese als nicht akzeptabel einzustufen.
Als eine Konsequenz aus der Studie rief die FRA die EU-Mitgliedstaaten auf, das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, die Istanbul-Konvention, zu ratifizieren. Bislang taten dies Österreich, Italien und Portugal. Österreich verzeichnete mit 20 Prozent die zweitniedrigste Gewalt-Rate gegen Frauen, am geringsten war der Wert mit 19 Prozent in Polen. (afp)