Essen..
Die Zicke ist überall – auch in Guido Eckerts Buch „Zickensklaven“. Eine Zicke schreit, lästert und bringt Unfrieden. Marco kennt deren Wirkung auf die Männerwelt genau. Er liebt eines dieser Exemplare so sehr, dass er „seine Zicke“ geheiratet hat.
Sein Name ist Marco. 32 Jahre alt, Biologe, Besitzer eines schnittigen Seat. Er hat ein solides Einkommen, ein kleines Haus in einer guten Düsseldorfer Wohngegend, den neusten Apple-Rechner, ein Faible für Bier und den BVB, eine, zugegeben, etwas schwierige Mutter, einen spießigen Bruder – und er hat SIE. SIE nennt man auch Rebecca. Und SIE ist nicht nur Marcos Ehefrau, nein, SIE ist auch der Prototyp dessen, was Autor Guido Eckert in seinem Buch „Zickensklaven. Wenn Männer zu sehr lieben“ als die „Königin der Diven“ bezeichnet. Rebecca ist eine Zicke. Sie ist eine Zicke, die Seelen zerstört. Vor allem die ihres Ehemanns. Der weiß sich nicht mehr anders zu helfen, als Rat in Eckerts Werk zu suchen. Marco hat es auf einem Büchermarkt gefunden. Der Titel ist ihm sofort ins Auge gesprungen: „Zickensklaven“. Ja, als ein solcher Sklave fühlt er sich auch. Ein Zustand, den es zu bekämpfen gilt, findet er.
Marco gibt es wirklich – wenn auch in der Realität vielleicht in leichter Abwandlung zu dem, was die folgenden Zeilen schildern. Vielleicht wohnt Marco nicht in Düsseldorf, sondern in Essen. Vielleicht ist er kein Biologe, sondern Bankkaufmann. Und vielleicht heißt auch Rebecca nicht Rebecca, sondern Eva oder Sabrina. Doch dass man Marco gleichsam des Titels von Guido Eckerts Buch mit Fug und Recht als „Zickensklaven“ bezeichnen kann, steht außer Frage. Marco geht es wie Georg, Stefan und Frank. Sie sind Protagonisten aus Eckerts Werk, die ihre Probleme mit der Gattung Zicke teils verwirrt, teils wütend schildern. Marco ist an eine solche Zicke geraten, die er heiß und innig liebt, an die er sich ohne zu zögern gebunden hat - nun muss er mit den Folgen zurechtkommen.
Gegensätze ziehen sich an
„Anschließend wird keine Zicke Dich mehr zu Boden zwingen“, verspricht Guido Eckert in seinem Vorwort. Deshalb liest Marco weiter. Auch wenn er sich beim Aufschlagen des Buchs nicht ganz sicher ist, ob 254 Seiten nicht etwas zu viel sind für einen weiblichen Wesenszug, den es schon seit Anbeginn der Tage gibt und der mit diesem Buch keine neuen Erkenntnisse bietet.
Als Marco Rebecca kennenlernte, da war er gerade einmal 25 Jahre alt. Er hatte die Trennung von seiner großen Liebe Sandra überwunden und ein paar Erfahrungen mit älteren Frauen gesammelt. Er war schon längere Zeit solo und liebte es, sich so richtig „männlich“ gehen zu lassen. Er betrank sich oft, feierte bis zum Morgengrauen, ging ins Fußballstadion, vernachlässigte sein Studium und organisierte „Männerabende“ mit den Kumpels. Die präsentierten ihm dann irgendwann Rebecca. Gegensätze ziehen sich an, sagten sie. Denn Rebecca war engagiert, strebsam und diszipliniert.
Marco gehorchte
Der Gegensatz zog ihn tatsächlich an – schon nach einer Woche waren sie ein Paar. Rebecca gab seinem Leben Ordnung. Er konnte ihr einfach keinen Willen ausschlagen. Auch nicht, wenn sie ihre piepsige Stimme leicht senkte und ihm dominant drohte, auf der Couch schlafen zu können, wenn er sich bei Kumpel Tim mehr als zwei Bier genehmige. Marco gehorchte – und ertrug mit stummer Demut die immer schlimmer werdenden Streitereien Rebeccas mit seiner Mutter. Er überhörte auch Rebeccas subtil vorgetragene „kritische Anmerkungen“ über befreundete Pärchen. Diese, beklagte sie, sahen einfach nicht, was Rebecca selbstredend war: Eine grandiose Karrierefrau mit strahlend weißen (frisch gebleichten) Zähnen und reichlich Sexappeal. Gleichsam der von ihr so sehr bewunderten „Dramaqueens“, die sich gerade bei Heidi Klum um den Titel „Germany’s Next Topmodel“ stritten.
Marco ertrug die neuen Wesenszüge seiner Angebeteten stumm, und heiratete sie sogar. „Endless Love“ sang Lionel Richie, und Marco hauchte gerührt: „Ja, ich will”.
Das erste Ehejahr verlief super. Das zweite eigentlich auch. Im dritten leisteten sie sich ein Haus – vornehmlich finanziert von Rebeccas Einkommen. Der Job in der Apotheke brachte dank Unterstützung des Inhabers – seines Zeichens Rebeccas Onkel – im Vergleich zu Marcos Gehalt fast das Doppelte. Natürlich war der von Rebecca regelmäßig eingestreute Vermerk ihres Mehrverdienstes auf Partys nicht gerade förderlich für Marcos maskulines Selbstbewusstsein. Aber er war halt „ein weicher, sensibler Mann, der seine Frau gewähren ließ“, wie es Guido Eckert in seinem Buch schildert. Zwar tat er das nicht über ihn, Marco, sondern über Modern-Talking-Hälfte Thomas Anders, der sich mit einem Zicken-Prototyp namens Nora auseinandersetzen musste. Aber er tat es nicht weniger passend.
Zicken können niemals alleine sein
Dann kam Rebeccas neu erkorene „allerbeste Freundin“ Manuela, und sorgte bei Marco für leichte Irritation. Ohne die „Lästerschwester“, wie Rebecca sie so liebevoll neckisch nannte, wollte seine Ehefrau einfach nichts mehr unternehmen. „Zicken können niemals, niemals alleine sein“, warnt Guido Eckert. „Richtig“, sagt Marco heute bestimmt. „Zimtzicke: Eine Person die Schwierigkeiten macht, und zwar so richtig“, definiert Eckert. „Du hast ja so recht“, sagt Marco zum Buch und meint diesmal ausnahmsweise nicht Ehefrau Rebecca, sondern vielmehr Manuela.
Die Situation wurde damals für Marco nicht besser, als Rebecca - trotz Onkel, der Apotheken-Chef - ihren Job verlor und die Zeit damit verbrachte, mit Manuela „Big Brother“ und „We are Family“ zu schauen. Als dann noch Manuela von Martin verlassen wurde und sich kurzerhand bei den beiden einquartierte, war für Marco das Maß voll. „Ich werde die Manuela nicht mehr los“, klagte der verstimmte Ehemann den wenigen Freunden, die ihm trotz kräftigen Insistierens der „Lästerschwestern“ noch geblieben waren. Er versuchte aufzubegehren. Nahm mutig und entschlossen seine Ehefrau ins Gebet. Und erreichte gar nichts. „Der Manu geht es gerade nicht so gut. Sei doch mal ein bisschen verständnisvoller“, schmetterte sie ihm entgegen. „Du bist auch immer so egoistisch“, pfefferte sie nach. Und befolgte einen Rat, den ihre Heldin Heidi Klum eigentlich Möchtegern-Model Tessa mit auf den Weg gab: „Sei undiszipliniert, wütend, unkontrolliert, launisch und aggressiv.“ „Selten ist eine Zicke in einem einzigen Satz besser beschrieben worden“, kommentiert Guido Eckert in „Zickensklaven“ Klums Ratschlag. „Immer öfter erlebe ich Rebecca mit einem solchen Verhalten“, denkt sich Marco derweil. Deshalb wird er aktiv und erwägt, Eckerts finale Übung zu testen, die Männern Durchsetzungsfähigkeit und ein selbstbestimmtes Leben zurückgeben soll:
Übung zur Durchsetzungsfähigkeit
„Um sich von der Abhängigkeit von einer Zicke zu lösen, empfiehlt sich eine Gedankenreise. Simpel und effektiv.“ „So weit, so gut“, denkt sich Marco und probt schon einmal ein tiefes Ooohm. „Imaginieren Sie, wie es sich anfühlt – endlich frei zu sein. Herr im eigenen Haus zu sein. Das zu tun und zu lassen, was ausschließlich Sie selbst für richtig halten.“ Marco schaut nach der ersten Phase der Sammlung vorsichtig durch die Wohnzimmertür. Rebecca genehmigt sich gerade ein ausgiebiges Bad. Ihr Gatte spaziert, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass Rebecca noch nichts von seinem plötzlichen Ausbruch aus der Unterdrückung bemerkt hat, mit stolz geschwellter Brust vom Sofa zur Stereoanlage. „Führen Sie sich vor Augen, dass niemand Ihnen etwas vorschreibt, dass niemand von Ihnen Unverhältnismäßiges erwartet. Und: dass Sie bei keiner Ihrer Handlungen ein schlechtes Gewissen haben müssen.“ Er legt die kürzlich erworbene CD mit Borussia-Dortmund-Fanliedern ein und dreht den Lautstärkeregler richtig auf. „Das fühlt sich gut an, nicht wahr?!“, fragt Guido Eckert. „Oh ja“, denkt sich Marco. „Schahaatz, kannst du bitte das Geplärre leiser machen, ich habe überhaupt keine Ruhe“, tönt Rebecca aus dem Bad. Marco atmet einmal ganz tief durch. „Schahaaaatz, bitte, was soll das?“, gibt Rebecca nicht auf. „Ist ja schon gut“, antwortet der liebende Ehemann, greift zur Fernbedienung und schaltet den Ton leiser.
„Kaum ein Zickensklave trennt sich von seiner Nervensäge, es sei denn, sein Leben ist in Gefahr“, liest Marco noch und schlägt frustriert das Buch zu.
Guido Eckerts „Zickensklaven. Wenn Männer zu sehr lieben“ ist 2009 im Solibro Verlag erschienen. Das Buch kostet 12,80 Euro und ist unter der ISBN-Nummer 978-3-932-92743-0 erhältlich.