Bonn.. An diesem Sonntag wird der Haribo-Chef Hans Riegel 90 Jahre alt. Noch immer ist er fast jeden Tag in seinem Büro, denn: „Sonst hat mein Leben keinen Sinn mehr.“ Dass er noch so fit ist, schiebt Riegel auch auf seine Produkte. Selbst die Werkskantine richtet sich nach dem Geschmack des Chefs.

Er fliegt immer noch gerne Hubschrauber, jagt gerne Wildschweine und isst gerne Gummibärchen und Lakritzschnecken. Am liebsten direkt vom Produktionsband. Er darf das. Ihm gehört die Firma. An diesem Sonntag wird der Haribo-Chef Hans Riegel 90 Jahre alt.

Mitarbeiter beschreiben ihn gerne als „hart aber herzlich“ oder nennen ihn – etwas bewundernd – einen „Patriarchen“. Für viele ist er einfach Hans II. Und das nicht nur, weil sein Vater den gleichen Namen trug. Viele Jahre leitet Riegel jr. Haribo (HAns RIegel BOnn) nicht wie ein Chef seine Firma, sondern wie ein König sein Reich. Es ist bis heute ein Reich, in dem das Geld nur so sprudelt. Bei Lakritzen und Fruchtgummis ist Haribo die Nummer eins in Deutschland und Europa. Auf mehr als zwei Milliarden Euro wird der Umsatz geschätzt. Genaue Zahlen veröffentlicht das Unternehmen nicht.

Rheinische Frohnatur

Den Firmenthron bestiegen hat Riegel 1946. Da ist der Vater einige Monate zuvor gestorben und er selbst gerade aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen. Sein Bruder Paul ist damals mit an Bord. Er ist der Tüftler, der unauffällig im Hintergrund wirkt. Hans ist der Laute, ein Mann, der Kühlschränke am Polarkreis verkaufen kann. Riegel macht die Firma zur Familie: „Ich bin immer noch fast jeden Tag im Büro.“ Er hat da nämlich eine Theorie: „Wer früh in Rente geht, wird auch früher alt.“

Über Jahrzehnte sitzt er in der „Kanzel“, wie Mitarbeiter sein Büro mit den großen Fenstern taufen. Von dort hat er alles im Blick. Vor allem das Marketing. Das macht er alleine und setzt auf Beständigkeit. Seit 1991 wirbt Thomas Gottschalk für Gummibärchen & Co. Den Spruch „Haribo macht Kinder froh“ gibt es sogar schon seit den 1930ern. Die Ergänzung „Und Erwachsene ebenso“, hat Hans Riegel selbst später hinzugefügt.

Nach dem Geschmack des Chefs

Riegel wirkt nach außen jovial. Wie eine rheinische Frohnatur. Er liebt die Jagd, schnelle Autos und den Karneval. Den ganz besonders. Bis heute unvergessen sind Außendiensttagungen im Hochsommer, zu denen der Chef mal kurz eine Fastnachtsgruppe einfliegen lässt, bevor er selbst zum Saxofon greift.

Geschäftlich aber ist mit ihm nie zu spaßen. Und ohne ihn geht nichts. Wenn er neue Produkte nicht gleich selbst erfindet, müssen sie ihm zumindest schmecken. Tun sie das nicht, werden sie gar nicht erst produziert. Selbst die Werkskantine richtet sich nach dem Geschmack des Chefs. Knoblauch ist angeblich verpönt und hartnäckig hält sich das Gerücht vom Koch, der abgemahnt wurde, weil er die Zwiebeln zu dick schnitt.

Gelatine für die Gelenke

Kritik sitzt der ehemalige Deutsche Meister im Badminton meist aus. Auch die, dass sich Haribo nie an der Stiftungsinitiative zur Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsar­beiter beteiligt hat. Man habe „nachweislich“ keine Zwangsar­beiter beschäftigt, lässt er damals mitteilen, und werde deshalb auch nichts zahlen. Punkt.

Riegel hält das Geld zusammen und die Belegschaft auch. Er zahlt gut, lässt sie günstig in seinen Häusern wohnen. Deshalb scheint er persönlich beleidigt, als sich 1998 erstmals ein Betriebsrat gründet. Dessen erste Versammlung muss freitags nach Schichtende stattfinden. In der Tiefgarage.

Leben ohne Geschäft hat keinen Sinn

Seit zwei Jahren herrscht Riegel nicht mehr alleine, sondern führt Haribo nach dem Tod seines Bruders in einer neuen Eigentümer- und Holdingstruktur gemeinsam mit den zwei Neffen Hans Arndt Riegel und Hans Guido Riegel. Ein Rückzug aus dem Geschäftsleben aber ist für ihn ausgeschlossen. „Weil mein Leben dann keinen Sinn mehr hätte.“

Gesundheitlich kann er nicht klagen. Liegt auch an den Gummibärchen, glaubt Riegel. „Der hohe Anteil an Gelatine wirkt sich günstig auf die Gelenke aus.“ Das hält beweglich. So sitzt der 90-Jährige immer noch hinter dem Steuerknüppel seines Hubschraubers, „aber nur noch mit Sicherheitspiloten an Bord“. „Man weiß ja nie.“