Duisburg.. Das erste Buch der gebürtigen Duisburgerin Hatice Akyün kommt ins Kino. „Einmal Hans mit scharfer Soße“ erzählt vom Leben in zwei Welten. Für die deutsch-türkische Autorin ist dieses Leben ein „Reichtum“. Auch wenn sie ihren Hans noch immer nicht gefunden hat.

Als Kind wäre Hatice gern eine Sabine gewesen. Eine ganz normale Sabine, weil sie das Gefühl hatte, als Hatice „gehörte ich nicht dazu“. Und wenn sie ihren Hans heute endlich fände, und er wäre ein „Müller“: „Dann würde ich den nehmen, das erleichtert viel.“ Klingt nach Kultur-Konflikt, aber das Besondere an Hatice Akyün ist: Sie leidet nicht darunter, sie lacht darüber.

Und schreibt Bücher. Das erste, „Einmal Hans mit scharfer Soße“, kommt Donnerstag in die Kinos.

Vielleicht ist Lachen tatsächlich das Beste, was man tun kann, als Frau wie sie: Tochter der türkischen „Akyüns mit den sechs Kindern aus Duisburg-Marxloh, wo Mama sonntags die Wäsche wusch und Vater Rafet mal wieder den Grill anschmiss“. Noch Fragen? Das Klischee steht. Aber dann ist Hatice ausgezogen in den deutschen, freieren Teil ihres Lebens, nach Berlin, wo sie Autorin wurde und alleinerziehende Mutter einer Tochter, die zwei Namen hat: einen deutschen und einen türkischen.

Hatice Akyün steht mit beiden Beinen in zwei Welten

Hatice Akyün ist jetzt fast 45, eine temperamentvolle Dunkelhaarige, die das Ü in ihrem Nachnamen mit „Übermut“ buchstabiert – und das, was man eine „Deutsch-Türkin“ nennt. Sie selbst sagt: „Ich bin Deutsche“, auch wenn sich das für Rafets Tochter immer noch komisch anfühlt, „meine Heimat ist selbstverständlich Deutschland“. Sie hat die andere Seite ausprobiert und auch darüber ein Buch geschrieben. „Ich küss dich, Kismet“ brachte die Erkenntnis: „Man muss wissen, woher man kommt, um dort hinzugehen, wo man hingehört.“ Hatice Akyün steht mit beiden Beinen in zwei Welten, sie sagt, es sei ihr „Reichtum“.

Zugleich ist es manchmal eine Last. Weil Hatice Akyün nicht nur schreibt, sondern auch gern redet, wird sie gefragt: nach Integration, nach den jungen Türken, nach Erdogan. Anstrengend, findet sie das, manchmal. Sie mag das Wort „Integration“ nicht, sagt lieber „Zusammenleben“, hält das Ganze ohnehin für einen Prozess. Sie fragt sich nicht morgens: „Bin ich heute deutsch oder türkisch?“ und abends: „Bin ich integrativ durch den Tag gekommen?“ Aber sie weiß, dass das Thema wichtig ist. Dass ihre Bücher Fragen beantworten, die viele Menschen gar nicht stellen: „Ich erzähle ihnen vom Leben einer 20-jährigen Türkin.“

"Vor zehn Jahren war der Film nicht möglich"

„Einmal Hans mit scharfer Soße“ ist ja schon zehn Jahre alt. Die Geschichte von Hatice auf der Suche nach dem Mann, der eine Antwort hat auf ihr Temperament, der sich in ihre Mischung verliebt. Die Geschichte vom gläubigen Gastarbeitervater, der ungläubig den Ausbruch seines Kindes erlebt. Daran, dass „sie“ nun verfilmt wird, sieht Hatice Akyün, wie viel sich verändert hat in der deutschen Gesellschaft. „Vor zehn Jahren war der Film nicht möglich.“

Damals seien Deutsch-Türkinnen wahrgenommen worden als unterdrückt, verheiratet wider Willen, ermordet aus zweifelhaftem Ehrgefühl. „Ich bin aber nicht zwangsverheiratet und auch nicht tot“, sagt Akyün, ein typischer Satz für sie. Ebenso passt, dass sie gar nicht gerettet werden will, sondern sich mit „Hans“ am liebsten „einfach nur unterhalten“ würde. „Lacht zusammen!“, ruft sie den Kinogängern zu, schließlich werden Deutsche und Türken gleichermaßen auf den Arm genommen! Das fehlte noch in diesem Deutschland, dass „eine türkische Frau eine lustige Geschichte erzählen könnte, ohne sofort ins Integrationsthema abzurutschen“.

 BuchSehnsucht nach der „Heimat“

Dabei ist diese Hatice Akyün so Ruhrgebiet, so Duisburg, wie ein Mensch nur sein kann. „Hömma, machse die Zeitung auf und die Hati vonne Akyünns lünkert dich an“ – so kann sie jubeln über die Medien, die sie gerade einmal mehr entdecken. Eigentlich ist sie ja vor allem das: Kind einer Zechensiedlung, aufgewachsen mit aller nachbarschaftlichen Nähe, die es dort gab. Politisch geworden in dieser „grundehrlichen, anständigen“ Stadt, die sie verteidigt wie eine Löwenmutter ihr Junges. Die ihr das „sicherste Gefühl“ gibt, das „Heimat“ vermitteln kann. Und nach der sie eine „große Sehnsucht“ spürt. Irgendwann wird Hatice Akyün zurückkommen, aber „ich bin noch nicht fertig mit der Welt da draußen“.

Und sie hat Hans noch immer nicht gefunden. Allerdings ist das gar nicht mehr so wichtig. Nicht einmal für ihre besorgte Mutter.