Leverkusen.. Das ZDF widmet sich brisantem Stoff: Unter dem Arbeitstitel “Blutgeld“ wird der Bluterskandal der 1980er-Jahre verfilmt. Mit Michael Souvignier („Contergan“) hat das ZDF einen recherchesicheren Produzenten engagiert. Gedreht wird zurzeit in einem stillgelegten Teil des Klinikums Leverkusen.

Es war eine dieser verdeckten Katastrophen, die kaum Schlagzeilen machen. Über 1000 Menschen starben in den 80er-Jahren an Aids, weil sie mit verseuchtem Blutplasma behandelt worden waren. Doch anders als beim Contergan-Skandal gab es keine vollständige Aufarbeitung der Tragödie. Auch deshalb, weil Aids zu dieser Zeit das Schreckgespenst der Gesellschaft war, Infizierte wie Aussätzige behandelt wurden und deshalb lieber im Verborgenen blieben. Ein brisanter Stoff, den das ZDF jetzt in dem prominent besetzten Familiendrama „Blutgeld“ (Arbeitstitel) thematisiert.

Dieselben Produzenten wie bei "Contergan"

Produziert wird der Fernsehfilm von Michael Souvignier und Mark Horyna, die schon bei „Contergan“ und „Frau Böhm sagt Nein“ gezeigt haben, dass sie den Mumm und die Nerven besitzen, sich mit einer mächtigen Lobby anzulegen. Zur Erinnerung: In „Frau Böhm sagt Nein“ mit Senta Berger ging es verdeckt um die Übernahme der Mannesmann-Telekommunikationssparte durch Vodafone. Mit René Heisig wurde zudem ein Regisseur gewonnen, der bei etlichen Tatort-Produktionen hinter der Kamera gestanden und auch als Arzt gearbeitet hat.

Die Handlung geht weit zurück in die 70er-Jahre. Marianne Seifert (Charlotte Schwab, bekannt aus „Das Duo“) bangt ständig um das Leben ihrer drei Söhne, die allesamt Bluter sind. Jede kleine Verletzung kann tödlich sein. Zwölf Jahre später können Ralf (Max Riemelt), Thomas (David Rott) und Stefan (Fabian Busch) ein nahezu normales Leben führen – dank des Gerinnungsmittels Faktor VIII, das aus Blutspenden gewonnen wird. Was niemand ahnt: Das vermeintliche Wundermittel ist mit dem Aids-Virus verseucht.

Kein probates Mittel gegen Aids

Für die Familie beginnt ein Kampf an mehreren Fronten: Gegen den Ausbruch der Krankheit und vor deren Entdeckung, die wiederum die totale soziale Ausgrenzung bedeutete. Mitte der 80er gab es noch kein probates Mittel gegen Aids. Infizierte wurde gemieden wie Pestkranke. Ralf will sich nicht geschlagen geben. Mit Hilfe der jungen Ärztin Eva (Lavinia Wilson) nimmt er den Kampf gegen die eiskalten, übermächtigen Institutionen der Pharma-Industrie auf.

Warum wurde die Tragödie nicht schon früher verfilmt? Diese Frage stellt sich wohl. Immerhin gab es einen Bundestags-Ausschuss, der 1995 einen 600 Seiten starken Abschlussbericht zu dem Thema veröffentlichte.

„Es ist eine unerzählte Geschichte. Der Rauch musste sich wohl erst verziehen“, resümiert Regisseur René Heisig beim Dreh-Termin in einem stillgelegten Teil des Klinikums Leverkusen. Die Patina der frühen 80er-Jahre ist dort noch spürbar, ansatzweise.

Professionelle Distanz ist wichtig

Auf dem Flur begegnet uns Fabian Busch (Stefan), schon schwer gezeichnet von Aids, mit schweißglänzendem Gesicht – wobei Schweißtropfen den ganzen Tag halten müssen und deshalb aus Glycerin bestehen. Dann schwebt die grazile Lavinia Wilson vorbei. Hinterher, beim Interview, betont sie, dass es wichtig sei, nach dem Drehtag die professionelle Distanz zu halten, sich nicht von dem herzergreifenden Thema vereinnahmen zu lassen.

Rudolf Kowalski („Stolberg“), spielt in dem Film den Prof. Dr. Schubert, einen Mediziner, der das Beste will und das Schlimmste verursacht. Er drückt die Diskrepanz zwischen Rolle und Realität so aus: „Ich muss mich zum Anwalt der Figur machen, die ich spiele.“ Ein unglaubliches Thema, auch heute noch. Drei Jahre haben die beiden Produzenten von „Zeitsprung“ recherchiert, um sich keine Schadenersatzklagen einzufangen. „Alles, was als Tatsache behauptet wird, stimmt. Alle Aussagen sind abgedeckt“, betont dann auch ZDF Redaktionsleiter Günther van Endert.

Betroffene erhielten 65.000 DM

Übrigens: Alle vom Bluterskandal Betroffenen in Deutschland wurden mit einer Pauschale von 65.000 DM abgefunden und verzichteten im Gegenzug auf weitere Forderungen. In Frankreich gab es erheblich mehr. Wann „Blutgeld“ im nächsten Jahr ausgestrahlt wird, steht noch nicht fest. „Auf jeden Fall am Montagabend um 20.15 Uhr, verrät Regisseur Heisig.