Essen. Die Gelbe Tonne oder der Gelbe Sack sollen von der Wertstofftonne abgelöst werden. Dort dürfen auch Metalle oder Kunststoffe hinein. Nicht nur die Wirtschaft findet am Müll Gefallen. Städte und Gemeinden erkennen ihre Chance, eine neue Einnahmequelle zu erschließen.
Regel Nummer 1: Den ausgelöffelten Joghurtbecher nicht spülen, sondern ab damit in die Gelbe Tonne. Regel Nummer 2: Vorher den Deckel vom Becher abmachen. Er kommt auch in die gelbe Tonne. Nur separat. Regel Nummer 3: Eine Serviette gehört in die graue Tonne, nicht ins Altpapier.
Das ist nur der Anfang, die Sache mit dem Müll in Deutschland ist vertrackt. Es gibt graue, blaue, grüne, gelbe, vielleicht auch braune Tonnen, in denen oft landet, was nicht reingehört. Bundesweit wird es bald eine neue Tonne geben – die Wertstofftonne, die in einigen Kommunen in NRW schon erprobt oder stadtweit etabliert wurde.
So schreibt die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vor, dass ab 2015 flächendeckend Bioabfälle sowie Papier-, Metall-, Kunststoff- und Glasabfälle getrennt gesammelt werden. Und Schwarz-Rot verspricht nun im Koalitionsvertrag, Kapitel Umwelt, Seite 119: „Wir schaffen die rechtliche Grundlage zur Einführung der gemeinsamen haushaltsnahen Wertstofferfassung für Verpackungen und andere Wertstoffe.“
Hoffnung: Sieben Kilo zusätzlich
Die Wertstofftonne soll die Gelbe Tonne bzw. den Gelben Sack ersetzen, in die die Bürger bisher nur Verpackungen, also Zahnpastatuben oder Konservendosen stopfen sollten. In die neue Tonne wandern bald auch die Rührschüssel, das Plastikbesteck oder die Klarsichthülle. Für Töpfe und Pfannen, für Metalle aller Art ist sie ebenfalls da. So könnten sieben Kilo Wertstoffe pro Einwohner und Jahr zusätzlich zusammenkommen.
Die Tonne verspricht gute Geschäfte. Die Wirtschaft entdeckt den Abfall neu – als Rohstoff. Schon heute trennen Firmen wie Alba in Berlin aus der Gelben Tonne 13 Wertstoffe. In den Recyclinganlagen ziehen Magnete Weißblech, saugen Luftdüsen Folien heraus und Infrarotlampen erkennen verschiedene Kunststoffarten, die auf getrennten Förderbändern landen. Von Hand wird da nur noch ein wenig nachsortiert. Die Industrie macht aus den Kunststoffen Stühle für Stadien, Jacken zum Wandern oder auch die Gelben Säcke.
Doch nicht nur die Wirtschaft findet am Müll Gefallen. Städte und Gemeinden erkennen ihre Chance, eine neue Einnahmequelle zu erschließen. Darum haben Kommunen und private Entsorger lange darum gekämpft, wer die Hoheit über die Tonne bekommt.
Wem gehört der Stoff?
Schließlich gilt bisher: Die Gelbe Tonne, genauer: die Verpackungen, gehören den Dualen Systemen in Deutschland. Deren Entsorgung, die jeder Bürger schon an der Kasse im Geschäft mit einen Obolus zahlt, organisiert die Wirtschaft. Die Graue Tonne, also der Restmüll, gehört den Kommunen. Dafür schicken sie die Müllautos los und erheben Abfallgebühren. Wandert nun Plastik, Metall, Aluminium – die Experten sprechen von „stoffgleichen Nichtverpackungen“ – von der Grauen Tonne in die Gelbe, ist die Frage: Wem gehört der Stoff?
Es gäbe längst ein Abfallgesetz, nach dem die Wertstofftonne im Jahr 2015 bundesweit aufgestellt werden muss, fiele der Streit nicht so heftig aus. Seinen Höhepunkt fand er vor gut einem Jahr in Berlin. Dort standen sich der private Entsorger Alba und die kommunale Berliner Stadtreinigung (BSR) gegenüber: Alba stellte eine Gelbe Tonne plus auf. Die BSR konterte mit einer eigenen Extra-Tonne, die Orange Box. Diese Tonnen-Konkurrenz verwirrte und erboste dann alle. Die Verbraucher auch. Nun könnte die Hauptstadt das Modell für die Republik werden.
Private gegen Kommunale
Der damalige rot-rote Senat war gezwungen, etwas zu tun – und stieg mit den Chefs von BSR und Alba in Verhandlungen ein. Das Ergebnis: Die BSR sammelt nur so viele Wertstofftonnen ein, wie es dem Aufkommen aller Wertstoffe aus Plastik und Metall entspricht, die einst im Restmüll landeten: zwölf Prozent. Der große Rest wird von Alba abgeholt, recycelt und verkauft.
Die Quote ist ein Kompromiss. Er wird es der neuen Bundesregierung leichter machen, eine bundesweite Regelung zu finden. Verbraucher dürften sich aber zunächst auf neue Szenen zwischen Privaten und Kommunalen gefasst machen. Was das alles für die Abfallgebühren bedeutet? Dazu will sich keiner äußern. Nur soviel: Teurer werden sollte es nicht, wenn Städte und Gemeinden aus dem Müll mehr Wert holen.
Bleibt noch eine Regel: Plastik hin oder her – der Föhn oder die elektrische Zahnbürste gehören auch künftig auf den Wertstoffhof und nicht in die Wertstofftonne. Die Müllexperten fürchten, dass giftige Stoffe aus der Elektronik den Plastikmüll unbrauchbar machen könnten. Das deutsche Sortiersystem bleibt ausgefeilt.