Düsseldorf. Mäusebussarde, Habichte und Rotmilane werden vermehrt illegal geschossen und durch Giftköder getötet. Die geschützten Tiere leiden vor allem unter der Verfolgung durch Jäger, Brieftaubenzüchter und Geflügelhalter.

Sie werden abgeschossen, qualvoll vergiftet oder durch Fallen erschlagen: Einen „dramatischen Anstieg” illegaler Tötungen von Greifvögeln in Nordrhein-Westfalen beklagt der SPD-Landtagsabgeordnete und Bioökologe Gero Karthaus. Allein von Januar bis Herbst 2008 seien weit mehr Tiere getötet worden als in den gesamten sieben Jahren zuvor. „Trotz des gesetzlichen Schutzes mehren sich die Meldungen”, bestätigt das NRW-Umweltministerium. „Betroffen sind nahezu alle Greifvogelarten, besonders jedoch Mäusebussarde, Habichte und Rotmilane.”

Der Wattenscheider Falkner Ralf Tommek mit Habicht Maria. Bei ihm geht's dem Vogel gut. Foto: WAZ, Klaus Micke
Der Wattenscheider Falkner Ralf Tommek mit Habicht Maria. Bei ihm geht's dem Vogel gut. Foto: WAZ, Klaus Micke © WAZ | WAZ





In den wenigsten Fällen konnten bisher die Täter ermittelt werden. Wo es gelang, hatten Jäger, Brieftaubenzüchter und Geflügelhalter aus Konkurrenzneid die Tiere getötet. „Jäger drehen durch, wenn sie Greifvögel sehen”, meint Alexander Heyd, Geschäftsführer des Vereins „Komitee gegen den Vogelmord”. Vor allem Waidmänner, die in erster Linie Rebhühner, Hasen und Fasane schießen wollen, sähen Greifvögel als ihre Gegner an. „In Düren haben wir an einem Tag 40 getötete Vögel gefunden. Da stehen einem schon die Tränen in den Augen”, beschreibt Heyd die Dramatik des Problems.

Dabei richteten weder der ohnehin stark gefährdete Rotmilan noch der Mäusebussard irgendeinen Schaden an. „Der Rotmilan ist ein Aasfresser und tut keinem was”, erläutert Heyd, „aber er ist der Erste, der ausgelegte Giftköder frisst.” Der Mäusebussard ernähre sich hauptsächlich von Mäusen und Würmern, aber leide einfach deshalb am meisten unter der Verfolgung, weil er in großer Anzahl zum Überwintern nach Nordrhein-Westfalen kommt.

"Das Problem existiert europaweit"




„Grausam, tierschutzwidrig und unwaidmännisch” werden Greifvögel getötet, stellt das NRW-Umweltministerium fest und beklagt, dass durch das illegale Treiben „der Erhalt von streng geschützten Tieren nachhaltig gefährdet wird”. Von rund 100 getöteten Tieren in neun Monaten allein an der niederrheinischen Bucht spricht der SPD-Landtagsabgeordnete Karthaus. Das NRW-Umweltministerium ist aber davon überzeugt, „dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher liegt”.

„Das Problem existiert europaweit, aber das Rheinland ist der Schwerpunkt in Europa” sagt Alexander Heyd vom Komitee gegen den Vogelmord. Unter Vogelfreunden ist das „gezielte Abschlachten” der Tiere ein großes Thema und wird höchst emotional diskutiert.

Wie Hexenverfolgung

„Die Greifvogelverfolgung erinnert an die mittelalterliche Hexenverfolgung”, meint Ornithologe Thomas Griesohn-Pflieger, der Redakteur bei einem Fachmagazin für Vogelbeobachtung ist. „Schläger, Schießer und Giftmischer” betrachteten „unser aller Naturreichtum” als ihr persönliches Eigentum. „Es erschüttert mich”, sagt der Vogelfreund, „das so etwas in unserer aufgeklärten Gesellschaft so verbreitet ist.”


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