Liv Lisa Fries ist der weibliche Star in „Babylon Berlin“ – und war den meisten Zuschauern bislang unbekannt. Wer ist die junge Frau?


Es mutet etwas seltsam an, über eine Produktion zu sprechen, die schon vor einem Jahr Premiere hatte. Und für die man auch vor einem Jahr schon Interviews gab. „Ein bisschen ist das schon ein alter Hut“, gibt die Schauspielerin Liv Lisa Fries zu. Aber so ist das eben, wenn erstmals ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender mit einem Pay-TV-Kanal zusammen eine Serie produziert. war zuerst im Oktober 2017 auf Sky zu sehen und wird seit Sonntag in der ARD ausgestrahlt.

Immerhin kann man das erneute Zusammentreffen nutzen, um über die Zeit seither zu sprechen. Denn die spektakuläre Produktion über das Berlin der 20er-Jahre – von gleich drei Regisseuren gedreht und bislang die aufwendigste und teuerste deutsche Serie – glänzt mit lauter großen Stars, selbst in kleinen Rollen. Aber die zweite Hauptrolle neben Volker Bruch als Kommissar Gereon Rath, die spielt Liv Lisa Fries. Und die ist unter all diesen Promi-Namen noch – Pardon, das muss man jetzt so formulieren – die große Unbekannte.

Sie ist das eigentliche Herz dieser Mammutserie

Sie ist trotz ihrer erst 27 Jahre schon seit elf Jahren im Geschäft und kann auf eine stattliche Reihe von Filmen blicken. Sie hat auch schon zwei große Achtungserfolge erzielt: 2011 wurde sie für ihre Rolle als gewalttätige Jugendliche im ARD-Drama „Sie hat es verdient“ bei der Goldenen Kamera und 2014 für ihre Mukoviszidose-Kranke in „Und morgen bin ich tot“ beim Max-Ophüls-Preis jeweils als beste Nachwuchsschauspielerin geehrt. Aber dennoch hat sich ihr Name noch nicht eingeprägt.

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Das wird sich durch ändern. Da spielt sie ganz selbstverständlich neben all den Großen der Branche – neben Peter Kurth, Lars Eidinger, Misel Maticevic, Matthias Brandt, Fritzi Haberlandt und, und, und. Sie weiß nicht nur gegen diese geballte Prominenz zu bestehen, sie ist das eigentliche Herz dieser Mammutserie, sie bringt die Produktion erst recht zum Strahlen. Und wird damit, das darf man prophezeien, zum Star. Wohl nicht nur in Deutschland.

Von Fries geht eine große Kraft aus

Aber davon will die gebürtige Berlinerin erst mal nichts wissen. Sie ist da ganz bodenständig geblieben. Es kränkt sie auch nicht, wenn man sie als „große Unbekannte“ sieht. Es passiert auch schon mal, dass sie als Charlotte Ritter angeredet wird, ihre Serienfigur. „Viele meinen auch, ich würde dieser Schauspielerin Liv Lisa Fries ähnlich sehen.“ Das findet sie am lustigsten. „Vielleicht hat das aber auch, ohne mich jetzt selbst zu loben, mit einer gewissen Wandelbarkeit zu tun.“ Genauso würde sie nämlich ihre Rollen auswählen: dass die möglichst unterschiedlich sind, dass ihre Person dahinter verschwindet. „Ich selbst muss gar nicht so präsent sein.“ Das klingt unheimlich bescheiden. Und unheimlich sympathisch.

Sympathisch, das ist sowieso der erste Eindruck, den man gewinnt, wenn man ihr gegenübersitzt. Fast zierlich wirkt sie, noch zierlicher als in der Serie. Und doch geht eine große Kraft von ihr aus. Und ein starkes Selbstbewusstsein. Als das Angebot für die Serie kam, blieb Liv Lisa Fries ganz cool. So wie die drei Regisseure Tom Tykwer, Henk Hand­loegten und Achim von Borries beim Casting „geguckt haben, ob sie mich haben wollten, so habe auch ich geguckt, ob ich mit denen arbeiten möchte“. Selbst als sich die drei für sie entschieden haben, wollte sie erst mal die Drehbücher lesen. Aber schon nach den ersten Seiten sei ihr klar geworden, dass sie das machen will, machen muss.

Die nächste Staffel wird bald gedreht

Die Zeit, in der die Serie spielt, die 20er-Jahre, das liegt der Fries: diese Ästhetik, die kulturelle Blüte, die Moderne und, klar, „auch, was das Bild der Frau angeht“. Die Interieurs, die Musik, die Mode von damals, darin fühle sie sich sehr wohl. „Teilweise wohler als in der heutigen Zeit.“ Aber man weiß ja, was auf die vermeintlichen Goldenen Zwanziger folgte, als die Nazis an die Macht kamen. Und das war dann auch wieder unheimlich: zu sehen, wie parallel zu den Dreharbeiten der politische Ton in der Gegenwart rauer wurde, wie auch heute wieder ein Rechtsruck zu erleben ist. Das macht die historische Serie gespenstisch aktuell.

Während die ersten zwei Staffeln jetzt im Ersten laufen, wird die dritte ab Anfang November gedreht. An dieser Stelle müssen wir allerdings freundlich nachhaken: Hat Liv Lisa Fries nicht mal gesagt, sie wolle nie Serien drehen? Tja, grinst sie: „Die Äußerung fällt auf mich zurück.“ Aber man müsse auch berücksichtigen, dass sich in der letzten Zeit eine unglaubliche Dynamik entwickelt hätte. „Die Serien, die ich damals gemeint habe, sind nicht mehr die, die heute gedreht werden.“ Aber: „Ich werde mich stark bemühen, wieder auf die große Leinwand zu kommen.“