Mannheim..
Johann Schwenn, der neue Verteidiger von Jörg Kachelmann, hatte am Mittwoch sein Debüt vor dem Landgericht Mannheim. Er ließ direkt eine Zeugenvernehmung unterbrechen und kritisierte die Fragetechnik mehrerer Richter.
Der neue Strafverteidiger im Prozess gegen Jörg Kachelmann, Johann Schwenn, hat am Mittwoch eine Kostprobe seiner neuen Verteidigungsstrategie gegeben. Er ließ eine Zeugenvernehmung unterbrechen und kritisierte die Fragetechnik mehrerer Richter. Anlass war die Befragung einer Freundin Kachelmanns, die am Mittwoch in nicht-öffentlicher Sitzung vernommen wurde. Die 40-Jährige hatte offenbar ausgesagt, sie habe stets einvernehmlichen Sex mit Kachelmann gehabt. Der beisitzende Richter befragte die Zeugin dann, ob sie bestimmte sexuelle Handlungen tun „musste“ oder „sollte“. Schwenn sah das als Suggestivfrage und beantragte eine Unterbrechung der Zeugenvernehmung. In einem kurzen öffentlichen Teil der Verhandlung kritisierte er auch die Beisitzerin, dass sie von der Zeugin Konkreteres hören wollte. Die Aussage der Einvernehmlichkeit sei jedoch konkret, so Schwenn.
Einen konkreten Antrag stellte Schwenn nicht, drohte indirekt aber mit der Revision, wenn die Richterbank nicht offene Fragen stelle. Die Befragung der Frau wurde daraufhin nicht-öffentlich fortgesetzt.
Überraschende Ablösung
Schwenn, Staranwalt aus Hamburg, hatte am Montag überraschend den bisherigen Hauptverteidiger Reinhard Birkenstock im Kachelmann-Prozess abgelöst. Auch der zweite Wahlverteidiger, Klaus Schroth, wurde von Kachelmann entbunden. Die Gründe für den Verteidigerwechsel wurden auch am Mittwoch nicht mitgeteilt.
Die Nebenklage beurteilte den Verteidigerwechsel als Rettungsversuch Kachelmanns. Der Anwalt des möglichen Vergewaltigungsopfers, Thomas Franz, sagte am Mittwoch vor der Fortsetzung des Prozesses: „Vielleicht schätzt der Angeklagte seine Situation realistischer ein als sie seine Verteidiger bisher darstellten, zumindest gegenüber der Öffentlichkeit.“ Birkenstock hatte nach der 20-stündigen nicht-öffentlichen Vernehmung des möglichen Vergewaltigungsopfers mitgeteilt, man sei der Rehabilitierung Kachelmanns ein gutes Stück näher gekommen. Die Staatsanwaltschaft widersprach dieser Darstellung.
Zu der Mutmaßung, Kachelmann verlange im Prozess eine härtere Gangart gegenüber Staatsanwaltschaft und Gericht, sagte Franz: „Ich hatte nicht den Eindruck, dass Birkenstock bisher einen Schmusekurs gefahren ist, weder in öffentlicher noch in nichtöffentlicher Verhandlung.“ (dapd)