Essen/Mannheim. .

Kurz vor Ende der zweiwöchigen Prozesspause kam der Knüller: Ein Wechsel auf den Plätzen neben dem Angeklagten Jörg Kachelmann. Zwei Anwälte sind raus, ein anderer kommt rein.

Es ist Johann Schwenn (63), der nun an vorderster Front für den der Vergewaltigung beschuldigten Ex-Wettermoderator Jörg Kachelmann (52) kämpfen soll.

Schwenn also, seines Zeichens Promi-beschlagen, Spezialist für knifflige Fälle und Revisionen, außerdem telegener als seine Vorgänger Reinhard Birkenstock (65) und Klaus Schroth (70). Eine Einwechslung, die angesichts des laufenden Prozesses trotzdem für viele überraschend kam.

Auch für Andrea Combé, die Heidelbergerin, die im Gegensatz zu den beiden anderen Kollegen aus der Abteilung Strafverteidigung bleibt. Da waren’s also nur noch zwei – zumindest für die Verhandlungen. „Ja“, sagt Combé im Gespräch mit dieser Zeitung, „ich bin wohl die einzige Konstante.“ Während die Öffentlichkeit am Montagabend und am Dienstag vom Ende der Zusammenarbeit mit dem Duo Birkenstock/Schroth erfahren hatte, sei sie selbst „etwas eher von Jörg Kachelmann informiert worden“.

Schon an diesem Mittwoch soll der inzwischen rund drei Monate andauernde Prozess mit über 20 Verhandlungstagen vor dem Landgericht Mannheim fortgesetzt werden. Viel Zeit blieb dem neuen Kachelmann-Mann nicht, sich durch Berge von Akten, von Gutachten und Zeugenaussagen zu ackern. Ein Problem? Andrea Combé ist im Thema, denn sie ist von Anfang an als Pflichtverteidigerin dabei: „Ob es schwierig wird, muss sich zeigen.“ Mühsam wäre es sicherlich geworden, kurzfristig eine Unterbrechung des Prozesses zu beantragen: „Da würde ein Gericht nur in Ausnahmen zustimmen.“ Dienstagnachmittag wollten sich die neu formierten Kachelmann-Kämpfer zum ersten Mal zusammensetzen. Neben den Strafverteidigern Andrea Combé und Johann Schwenn gehört noch Medienanwalt Ralf Höcker zum Gespann.

Welche Person verbirgt sich hinter Kachelmanns neuer Wunderwaffe? So ganz unbewandert stößt Johann Schwenn nun nicht in den laufenden Prozess. Der eloquente Hamburger, der in Fachkreisen als streitbarer Verteidiger gilt, zeichnet sich unter anderem durch seine Rhetorik aus. Er hat schon vor seinem ersten Auftritt Zunder in den Fall gebracht. Mit einem selbst verfassten Bericht für das Polit-Magazin Cicero, Überschrift: „Kachelmann-Prozess: Die Pest unserer Tage“. Darin äußert sich Schwenn über das Vorgehen am Landgericht Mannheim: „Für die Staatsanwaltschaft Mannheim steht (...) mehr auf dem Spiel als ein Gesichtsverlust.“ Von einem „bloßstellenden und dilettantischen Herumermitteln“ ist die Rede. Und auch davon, dass der Weg vom mutmaßlichen Opfer zum mutmaßlichen Täter manchmal nicht weit sei. „(...) dann ist ein Rollentausch für Kenner der einschlägigen Materie keine Überraschung“, so die Worte Schwenns, der heute sein Debüt in der Rolle des neuen Kachelmannverteidigers geben wird. Hätte, wenn und aber – sein Aufsatz enthält viele Konjunktive. Doch Schwenn weiß, wie es ist, für einen Promi zu fechten: Er hat auch schon Jan Ullrich, Wolf Biermann und Gregor Gysi vertreten. Oder auch Monika Böttcher (früher Weimar), deren Geschichte um den Tod ihrer Töchter in den 90er-Jahren für Aufsehen gesorgt hatte.

Birkenstocks Frau hat Kachelmann betreut

Von welcher Seite die personellen Veränderungen ausgingen, wurde zumindest im Fall Birkenstock nicht bekannt gegeben. Bislang hatte der Kölner Anwalt durchaus eine Hauptrolle gespielt. Er war es, der Kachelmann aus der Untersuchungshaft geboxt hatte. Sogar Birkenstocks Frau war im Prozess aktiv: Als ausgebildete Psychologin rückte sie den Angeklagten in den Prozesspausen zurecht. Kachelmanns zweiter Ex-Anwalt Klaus Schroth bestätigte unterdessen, dass er von seinem Mandat entbunden worden sei. Kachelmann habe ihm eine Mail geschrieben.

Grundsätzlich ist es eher ungewöhnlich, dass sich mitten im Prozess die Besetzung ändert. Nach Einschätzung des Marler Rechtsanwaltes Hans Reinhardt (50) sollte die Einarbeitungszeit für den neuen Mann aber durchaus zu bewältigen sein: „Schwieriger wäre es, sich bei komplexen Wirtschaftsverfahren schnell einzufinden. Bei Kachelmann ist doch alles klar.“