Bodenfelde. .

Der mutmaßliche Doppelmörder von Bodenfelde lebte bisher eher unauffällig. Ein Nachbar beschreibt Jan O. als „ruhigen Jungen“. In einer Therapie ist er nur von den illegalen Drogen, nicht aber vom Alkohol losgekommen.

Der 26-jährige Jan O. hat nach Aussage des Norhtheimer Kripochefs Andreas Borchert das „Potenzial zum Serienmöder“. Der mutmaßliche Doppelmörder von Bodenfelde ist dringend verdächtig, binnen einer Woche die 14-jährige Schülerin Nina und den 13-jährigen Tobias durch Würgen und Messerstiche ermordet zu haben. Im gleichen Zeitraum sprach er nach Angaben der Behörden zudem ein weiteres Mädchen an. Die Jugendliche wandte sich später an die Polizei und gab ihr damit den entscheidenden Tipp für die Ergreifung des 26-Jährigen.

Dessen letzte Wohnung liegt in einem schmucklosen, etwas verwohnten Mehrfamilienhaus am Rande von Uslar. Einer der Briefkästen ist tief eingedrückt: „Jan wenn Du nicht rauskommst...“, ist mit Filzstift daraufgekritzelt. Die Hälfte der acht Wohnungen in dem grauen Gebäude steht leer. Die Wohnungstür von Jan O. ist am Mittwoch mit einem amtlichen Siegel der Kriminalpolizei Northeim verschlossen. Die Nachbarn im Haus kennen den jungen Mann nach eigenen Angaben allenfalls vom Sehen.

Ruhiger Junge

Ein im Nachbarhaus wohnender Arbeiter beschreibt den mutmaßlichen Doppelmörder als „einen ruhigen Jungen, bei dem man nie an Gewalttätigkeit gedacht hat“. Jan O. sei oft mit schlechten Schuhen und kaputter Jacke herumgelaufen, sagt der Nachbar. Er habe ihm schon Kleidung schenken wollen.

Der 26-Jährige sei stets mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs gewesen und oft in das neun Kilometer entfernte Bodenfelde oder sogar in das 18 Kilometer entfernte Dorf Amelith gefahren oder gewandert, sagt der Nachbar weiter. Über seine Drogentherapie in Amelith, die im vergangenen Winter endete, habe er offen gesprochen.

Der Stadtverwaltung Uslar war der aus der Therapie Entlassene nicht näher bekannt. Der 26-Jährige habe zur Behörde keinerlei Kontakt gehabt, erklärt das Büro der Bürgermeisterin. Zu seiner Person könne man sich nicht äußeren. Die Morde in Bodenfelde seien schrecklich, und auch in Uslar sei man fassungslos.

Geschlossene und offene Drogentherapie

Die christliche Therapieeinrichtung „Neues Land“ im Dorf Amelith , in der Jan O. ein Jahr lang lebte, ist in einer ehemaligen Pension untergebracht. „Er hatte schon den Willen aus den Drogen auszusteigen“, erinnert sich der Leiter der Einrichtung, Eberhard Ruß. Allerdings sei Jan O. mit schwieriger Vergangenheit nach Ametlith gekommen. Mental sei der damals 24-Jährige noch auf dem Niveau eines Jugendlichen gewesen. Ruß attestiert ihm eine „Reifeverzögerung“.

In der Therapie hat Jan O. clean gelebt. Letztlich sei er aber nur von den illegalen Drogen, nicht aber vom Alkohol losgekommen, sagt Ruß. „Die Droge Alkohol wird in unserer Gesellschaft leider sehr bagatellisiert“, sagt er. In der Therapie habe Jan O. gut mitgearbeitet. Weitergehende Unterstützung nach seiner Entlassung habe er jedoch nicht erhalten.

Schon als Jugendlicher straffällig

Einen Beruf hat Jan O. nach den bei der Justiz geführten Akten nie gelernt. Nach seiner Schulzeit war er immer wieder arbeitslos. Der heute 26-Jährige wurde im Oktober 2007 vom Landgericht Lüneburg zu zwei Jahren und neun Monaten Haft wegen zahlreicher schwerer Diebstähle verurteilt. Zuvor legte er gegen ein in März 2007 vom Amtsgericht Uelzen verhängtes Urteil Berufung ein.

Nach der Verurteilung in zweiter Instanz wurde der junge Mann für zwei Jahre zur geschlossenen Suchttherapie in ein Landeskrankenhaus bei Zeven in Westniedersachsen eingewiesen. Er galt als abhängig von Alkohol, Tabletten und Cannabis. Gelegentlich soll er auch harte Drogen konsumiert haben. Bei der Entlassung aus der geschlossenen Anstalt sei die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt worden, hieß es weiter. Als Bewährungsauflage habe er die weitere offene Therapie in Amelith im Solling machen müssen.

Jan O. wurde im September 1984 in Uelzen geboren. Dort besuchte er die Grundschule, die Orientierungsstufe und danach eine Förderschule. Diese verließ er ohne Abschluss. Schon als Jugendlicher kam er mit dem Gesetz in Konflikt. Er wurde wegen Diebstählen, Sachbeschädigung und wegen Handels mit geringen Mengen von Betäubungsmitteln verurteilt. Wegen Gewalttaten stand der mutmaßliche Doppelmörder bislang aber noch nicht vor Gericht.

Vater von Jan O. ist mit seinem Sohn „nicht fertig geworden“

Der Vater von Jan O. reagiert erschüttert auf die mutmaßliche Täterschaft seines Sohnes. „Ja, ich kann mir vorstellen, dass es Jan war“, sagt er der Onlineausgabe der in Uelzen erscheinenden „Allgemeinen Zeitung“. Er habe in der Vergangenheit alles versucht, sei aber mit seinem Sohn „nicht fertig geworden“. Schon in der zweiten Klasse habe dieser Mitschüler tätlich angegriffen. Vor allem mit dessen Alkoholkonsum sei es „schlimm“ gewesen. Als er ihn vor die Wahl gestellt habe, eine Therapie zu machen oder den Kontakt abzubrechen, habe der Sohn gedroht, „mir, das Haus anzuzünden“, sagt der Vater dem Blatt. (dapd)