Winnenden. .

Im Winnenden-Prozess hat sich das Landgericht von einem Schöffen getrennt. Der Laienrichter soll in betrunkenem Zustand Polizeibeamte massiv beleidigt haben. Der Richter hält Zweifel an der Unparteilichkeit des Schöffen für begründet.

Das Landgericht Stuttgart hat im Prozess gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden und Wendlingen einen der beiden Schöffen wegen Befangenheit abgelehnt. Damit gab das Gericht einem Befangenheitsantrag der Staatsanwaltschaft gegen den 59-Jährigen statt. Zur Begründung sagte der Vorsitzende Richter Reiner Skujat, das Verhalten des Laienrichters sowie seine Aussagen gegenüber der Polizei vor rund zwei Wochen gingen „weit über die Grenze des Tolerierbaren hinaus“. Der Prozess wird nun lediglich mit dem zweiten Schöffen fortgesetzt.

Der Laienrichter soll am 27. Oktober Polizeibeamte „massiv“ beleidigt haben, nachdem er kurz nach Mitternacht betrunken und schlafend in der Innenstadt aufgefunden worden war. So soll der 59-Jährige die Beamten als „Idioten“ und „Scheißkerle“ beschimpft haben. Darüber hinaus gab er sich den Polizisten als Schöffe im Winnenden-Prozess zu erkennen und sagte, sie sollten „vorsichtig sein, dass sie das nicht bereuen“. Nach Gerichtsangaben hatte er zudem einen Anklagesatz gegen den Vater des Amokläufers, eine Liste der Opfer sowie 76 von ihm gefertigte handschriftliche Notizen zum Prozess bei sich. Weil er kaum gehen konnte, wurde der Schöffe anschließend von der Polizei in eine Ausnüchterungszelle gebracht. Die Polizei stellte daraufhin Strafanzeige gegen ihn wegen Beleidigung.

Richter: Zweifel an Unparteilichkeit des Schöffen begründet

Nach den Worten Skujats hatte sich der 59-Jährige für seine Äußerungen entschuldigt und behauptet, seine „Entgleisung“ hätte keinen Einfluss auf seine Tätigkeit als Schöffe. Das Gericht sah dies jedoch anders: „Das Gesetz stellt dieselben Anforderungen an Schöffen wie an Berufsrichter“, sagte Skujat. Aufgrund seines Verhaltens seien die Zweifel der Staatsanwaltschaft an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Schöffen, insbesondere gegenüber Aussagen von Polizisten, begründet.

Das Gericht betonte zudem, bis zum Vorfall habe es keinerlei Hinweise darauf gegeben, dass der Mann als Schöffe ungeeignet war. Am vergangenen Verhandlungstag am 28. Oktober war der Prozess überraschend unterbrochen worden. Das Gericht hatte dabei auf „dienstliche Gründe“ verwiesen. Weitere Einzelheiten wurden nicht bekannt.

Der Vater von Tim K. muss sich seit Mitte September vor Gericht verantworten, weil er seinem Sohn Zugriff auf eine erlaubnispflichtige Schusswaffe sowie Munition ermöglicht hat. Der Schüler hatte am 11. März 2009 bei einem Amoklauf in Winnenden und seiner anschließenden Flucht in Wendlingen 15 Menschen und anschließend sich selbst getötet. Die Tatwaffe hatte er aus dem Schlafzimmer der Eltern entwendet. (dapd)