Stockholm. .

Die erste kritische Biografie über König Carl Gustaf ist erschienen. Sie erschüttert Schweden. Der Staatschef soll demnach von Vermittlern systematisch junge, hübsche Frauen bekommen haben.

König Carl Gustaf von Schweden wird nach jahrzehntelangem Schweigen zu unfeinen Gerüchten in einem neuen Buch unter anderem als Sicherheitsrisiko für sich selbst und sein Land dargestellt. Das Buch bricht ein jahrzehntelanges Tabu in Schweden. Trotz endlos vielen Geschichten über Frauensucht und kriminellen Nachtklubmilieus, in die sich der König begeben haben soll, wurde darüber kaum berichtet. Selbst über die Untreueaffäre um Prinzessin Madeleines Verlobten Thomas Bergström wagten die schwedischen Zeitungen erst zu schreiben, nachdem eine norwegische Zeitung den ersten Schritt machte. Was die drei Autoren in der ersten kritischen Biografie überhaupt, Titel: „Der widerwillige Monarch“, über Staatschef Carl Gustaf schreiben, dürfte weitaus größere Wellen schlagen. Teilweise ist dies schon geschehen. Zwei der drei Autoren verloren im Vorfeld ihre Anstellungen, während der Fertigstellung der heute veröffentlichten Biografie.

Treffs in Privatwohnungen und Stripteasebars

König Carl Gustaf von Schweden soll laut des am Donnerstag vorgelegten Buch des kleinen aber angesehenen Verlagshauses Lind & Co. darunter gelitten haben, zu früh den Thron bestiegen zu haben. Mit seiner aus den sogenannten „drei Musketieren“, seinen drei besten Freunden, bestehenden Herrenclique, soll der Staatschef bis in die Gegenwart hinein junge Schwedinnen ausgenutzt haben, so die Autoren. In privaten Wohnungen und einer Stripteasebar mit Whirlpool sollen König und Vertraute wöchentlich zusammengekommen sein. Erst wurde – immer wieder mit neuen jungen Damen - gespeist, dann zogen sich die eingeladenen oder dem Nachtklub angehörenden, bezahlten Damen aus und standen den Gästen zur Verfügung. Zu Sex sei es nie gekommen, beteuern männliche Teilnehmer im Buch. Relativ objektiv versuchen die Autoren anhand zahlreicher Quellen das Privatleben des Königs zu durchleuchten. Darunter etwa der Whirlpool-Klubbesitzer Mille Marovic. „Ich habe das schon früher versucht zu erzählen, aber niemand hörte mir zu“, sagt er. Er habe es schlimm gefunden, dass den Mädchen stets so viel versprochen wurde, wenn sie mitmachten. Hinterher hätte die Herrenclique die Mädchen schnell vergessen, so Marovic.

Viele Quellen werden genannt

Viele anderer Beispiele werden im Buch aufgeführt. Im In- und im Ausland. Laut Hauptverfasser Thoma Sjöberg begab sich der König damit in Milieus, die einem Monarchen gefährlich werden können. Rotlicht-Orte machten den repräsentativen Staatschef erpressbar. Gerade im kleinen Schweden gilt dies als bedenklich. Während einige Quellen im Buch anonym bleiben, wird ein Großteil namentlich genannt.

Warum gab es so ein Buch nicht früher? „Das Schweigen der Landesmedien beruht teilweise auf kommerziellen Erwägungen. Ein Reporter einer großen Zeitung sagte mir, man verkauft mehr Zeitungen damit, die Charade zwischen Hof und Medien aufrecht zu erhalten. Zudem will das Volk das nicht wissen. Schreibt man etwas Schlechtes, verkauft man weniger“, so Sjöberg. Mitautorin Rauscher fügt hinzu: „Schweden ist ein kleines Land. Wenn sich da jemand die Finger verbrennt, gibt es keine Alternativen mehr. Das gilt auch für Journalisten“.

Vergnügen mit jungen Mädchen

Im Buch wird auch beschrieben, wie die jungen Mädchen nach vergnüglichen Abenden von der schwedischen Geheimpolizei unter Druck gesetzt worden sind, dicht zu halten. Bei mehreren Mädchen hätte die Geheimpolizei illegale Hausdurchsuchungen nach Film- und Fotomaterial von den Festen durchgeführt, bestätigen einige der Mädchen.

Genauso wie die großen Boulevardzeitungen des Landes, die vom Wohlwollen des Hofes abhängig sind, versteht der iranische Besitzer eines Zeitungskiosks im Stockholmer Statteil Kungsholmen (unweit vom ehemaligen königlichen Stammtreffpunkt) die Aufregung nicht. „Warum soll der König nicht das machen können, was sich auch viele andere erfolgreiche Männer herausnehmen?“, sagt er und lacht. Die Autoren unterstreichen jedoch, dass er dies eben nicht dürfe. Als König von Schweden.

Das Stockholmer Etablissement tobt über so viel Wagemut der Autoren. Das seien reine Lügengeschichten und zudem Privatsache. Die anerkannten schwedischen Autoren unterstreichen, sämtlichen Geboten eines seriösen Journalismus’ gefolgt zu sein. Das Privatleben des Staatschefs sei bei solchen Auswüchsen von großer Wichtigkeit für das Allgemeinwohl der repräsentativen Monarchie. Aus seiner Vergnügungssucht heraus habe sich der König in die freundschaftliche Nähe von Nachtlokalbesitzern aus kriminellen Kreisen begeben und sei so erpressbar geworden.

Spekulationen über einen Kommerztrick

Das Buch soll am Tag seines Erscheinens schon ausverkauft gewesen sein, laut Verlag. Eine Sprecherin sagte auf Anfrage, „ein solches Buch ist historisch für Schweden und wichtig für die Pressefreiheit im Lande“. Sozialdemokratische und Bürgerliche Kommentatoren der großen Zeitungen sprechen von einem Kommerztrick. Es gehe dem Verlag nur darum, viel Geld zu verdienen.

Die Gerüchte sind in Stockholm allerdings schon lange bekannt. Auch die Königin von Schweden soll über Affairen des Königs informiert gewesen sein, heißt es im Buch. Den Autoren könne nun das Gefängnis drohen, titelte die schwedische Zeitung „Aftonbladet“. König Carl Gustaf schlägt allerdings in einer ersten Stellungnahme auch einen beschwichtigenden Ton an: „Wir lassen das Kapitel hinter uns. So wie ich es verstanden habe, sollen diese Dinge vor langer Zeit geschehen sein“, sagte er. Er habe es noch nicht geschafft, das Buch ganz zu lesen. Die großen politischen Parteien hielten sich bislang noch mit Kommentaren zurück.