Caldera. .

Nachdem alle 33 Minenarbeiter gerettet sind, wird in Chile die Schuldfrage gestellt. Präsident Piñera versicherte, dass der Mineneigentümer zur Verantwortung gezogen werde.

Es war das Ende einer langen Dienstfahrt. Als Luis Urzúa am Mittwoch um 21.55 Uhr als letzter der 33 Kumpel aus der Rettungskapsel „Fenix 2“ steigt, atmet ganz Chile einmal durch. Der Schichtführer und Chef der verschütteten Mineros in der Atacama-Wüste hat die chilenische Flagge um die Schulter geschlagen und sagt zu Staatschef Sebastián Piñera: „Herr Präsident, ich übergebe Ihnen die Schicht und hoffe, dass so etwas nie wieder passiert.“ Dann folgen Umarmungen mit dem Staatschef und dem ganzen Rettungsteam, in denen die ganze Erleichterung liegt. 22 Stunden und 54 Minuten nach Beginn der Bergungsaktion waren alle Verschütteten wieder ins Leben zurückgeholt.

In dem Moment läuten die Glocken in ganz Chile, die Menschen strömen zu Tausenden auf die Straßen. Im „Hoffnungscamp”, wo seit dem 5. August Angehörige und Journalisten ausharren, singen Familienangehörige vor ihren Zelten bei Lagerfeuern gegen die Kälte an. 700 Meter tiefer in der Mine entrollen die verbliebenen sechs Retter ein Spruchband, bevor sie selber aus der Mine auffahren: „Mission erfüllt, Chile.“ Nie waren mehr Bergarbeiter länger verschüttet als die 33 Kumpel in der Mine von San José. 2009 mussten im chinesischen Guizhou drei Männer 25 Tage in einer gefluteten Kohlenmine ausharren.

71 Tage in Dunkelheit gefangen

Die Schicht von Urzúa und seinen 32 Kumpeln hatte am frühen Morgen des 5. August begonnen, als die Männer in die Kupfer- und Goldmine einfuhren und erst jetzt wieder herauskamen. Fast 71 Tage später. „Die Männer sind andere geworden, und Chile ist ein anderes Land geworden“, sagte der Staatschef, der sichtlich mit den Tränen kämpfen musste, nachdem er Urzúa umarmt hatte, wie fast jeden der 32 anderen Mineros zuvor auch. Den Tag über war es zu sehr emotionalen Szenen nach Ankunft der Männer gekommen. Manche wollten ihre Familie nicht mehr loslassen, andere wie Mario Sepúlveda sprangen wie Rockstars umher. Manch einer fiel erst mal auf die Knie und betete. Einige ließen auch ihren Tränen freien Lauf.

An der vermutlich aufwendigsten und schwierigsten Rettungsaktion in der Geschichte des Bergbaus nahm ganz Chile teil. Die Schiffshörner tuteten, die Sirenen heulten und in der Hauptstadt Santiago gingen die Menschen mit chilenischen Flaggen auf die Straße und feierten an der Plaza Italia einen der schönsten Momente in der Geschichte des südamerikanischen Landes.

„Das wird nicht ungestraft bleiben“

Nicht nur Chile hatte mit den verschütteten Männern und ihren Familien gelitten, im Laufe der vergangenen Wochen füllten die erschöpften und verstaubten Gesichter der Kumpel auch die Titelseiten internationaler Zeitungen und die Sendungen wichtiger Nachrichtenkanäle. In der ganzen Welt verfolgten nach Schätzung chilenischer Medien mehr als eine Milliarde Menschen die Rettung der 33 Mineros live.

Präsident Piñera versicherte, dass der Eigentümer der Mine, „Compañía Minera San Esteban“ zur Verantwortung gezogen werde. „Das wird nicht ungestraft bleiben.“ Er versprach weiter, die Kupfer- und Goldmine San José, die seit rund 150 Jahren in Betrieb ist, werde nicht weiter ausgebeutet, bevor die Sicherheitsauflagen erfüllt seien.

Die 70 Tage in einem feucht-heißen Bergverlies hat die große Mehrheit der Minenarbeiter überraschend unversehrt überstanden. Chefinternist Álvaro Alonso vom Kreiskrankenhaus San José del Carmen in Copiapó betonte, dass die meisten Beschwerden mit dem langen Aufenthalt unter Tage zu tun haben, Hautbeschwerden und Augenprobleme. Die meisten Probleme bereiteten den Mineros Zahnbeschwerden. Zwei Bergleute haben Lungenentzündungen.