Berlin. .

Die Polizei will nicht länger den Kopf für gesellschaftliche Konflikte hinhalten: Den Streit um Stuttgart 21 trage die Politik auf dem Rücken der Sicherheitskräfte aus: „Wir kriegen die Gewalt zu spüren, wir kriegen die Steine ab“, so Gewerkschafts-Chef Freiberg.

Die Gewerkschaft der Polizei wirft der Bundesregierung vor, gesellschaftliche Konflikte wie den Streit über den Atomausstieg und das Bahnprojekt Stuttgart 21 auf dem Rücken der Sicherheitskräfte auszutragen. „Wir kriegen die Gewalt zu spüren, wir kriegen die Steine ab“, kritisierte GdP-Chef Konrad Freiberg am Montag in Berlin. Die Politik provoziere mit Entscheidungen wie der Aufkündigung des Atomausstiegs massive Proteste der Bürger, ohne über die Folgen für die öffentliche Sicherheit nachzudenken. Die Konsequenzen würden die Polizisten beim Castor-Transport Anfang November nach Gorleben zu spüren bekommen, wo mit mehr Protesten und auch mehr Gewalttaten durch Linksextremisten als in den Vorjahren gerechnet werde.

„Wir wollen als Polizisten nicht für ungelöste gesellschaftliche Konflikte den Kopf hinhalten“, sagte Freiberg. Wenn die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert würden, sei das eine politische Frage. Die Politik dürfe aber nicht einfach eine umstrittene Entscheidung treffen und die Folgen dann auf die Polizei abwälzen. „Fehlende politische Überzeugungskraft kann nicht durch polizeiliches Handeln ersetzt werden“, mahnte Freiberg. „Die Polizei ist mit dieser Situation überfordert“. Er hätte der der Bundesregierung daher auch davon abgeraten, den Atomkonsens aufzukündigen.

Personalabbau schwächt die Polizei

Hinzu komme, dass bei der Polizei immer mehr Personal abgebaut werde. Seit 2000 seien fast 10.000 Stellen abgebaut worden und bis 2019 wollten die Bundesländer weitere 9000 der derzeit 264.000 Beamten streichen. Am stärksten betroffen sei von dem Abbau Ostdeutschland, sagte Freiberg. Die Polizei sei mangels Personal auch nicht in der Lage, alle verdächtigen Islamisten zu überwachen, denen Anschläge oder Gewalttaten zugetraut werden. „Wir können bei weitem nicht alle 130 Gefährder rund um die Uhr bewachen“, sagte Freiberg.

Die Anti-Atom-Bewegung hat massiven Zulauf bekommen, weil die Bundesregierung den Atomkompromiss aufgekündigt hat und die Laufzeiten der Kraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert werden sollen. Es gilt daher als sicher, dass auch die Proteste gegen den Anfang November erwarteten Atommüll-Transport größer und gewalttätiger ausfallen als in den Vorjahren. Den Zorn der Bürger erregt auch das umstrittene Bahn-Projekt Stuttgart 21, gegen das in der baden-württembergischen Hauptstadt immer wieder Zehntausende Menschen auf die Straße gehen. Ministerpräsident Stefan Mappus steht wegen eines als zu hart kritisierten Polizeieinsatzes gegen die Demonstranten unter Druck, während die Umfragewerte der Grünen als entschiedene Gegner des Projekts auf immer neue Rekordstände steigen. (rtr)